Freitag, 18. Dezember 2015

Die Prophezeihung

"Hallo, wie geht's?" Bernhard erkannte den Herrn Weierich in der U-Bahn.
"Total beschissen. Wie sonst ..." lachte der ältere Mann. Auf Bernhards verblüfften Gesichtsausdruck erklärte er, dass "beschissen" die normale Antwort war, wenn der Ingenieur am Montag gefragt würde, wie es ihm ginge. An diesem Montag war es aber 'Total beschissen', weil er nicht nur mit ihm die neue Maschine einrichten musste, sondern darüber hinaus noch ein Pressebesuch anstand. Die stellten dann nicht nur ganz doofe Fragen sondern machten auch noch Fotos, die er dann wieder kontrollieren müsste, ob nicht irgendwelche Produktionsgeheimnisse preisgegeben würden. Dabei lachte er. Bernhard erinnerte das ganze an die fast schon vergessenen Worte der Zigeunerin. War sie überhaupt eine? Jedenfalls trat sie überzeugend als Wahrsagerin bei seiner Konfirmationsfeier auf. "Achte auf den Mann der lacht wenn es ihm 'total beschissen' geht", hatte sie gesagt. Zweimal hatte sie auf das 'total beschissen' hingewiesen.
"Nervös?" fragte Herr Weierich, als er Bernhards Gesichtsausdruck zu deuten versuchte.
"Nee, nee, ist nur Montag, auch für mich" zerstreute Bernhard die Erinnerung an seine Jugendzeit.
Auf dem Weg zur Arbeit unterhielten sich die Männer dann über das Spiel vom Sonntag. Der Club hätte ja nun wirklich besser spielen können.

Freitag, 11. Dezember 2015

Die zweite Wahl

Sie schüttelte ihre runde Oberweite. Ganz kurz bewegte sie erst die rechte Schulter nach vorne, dann die linke. Dann bewegte sie nur ihren runden Kopf zur Musik in den Ohrhörern. Dieser wackelte nach links und rechts. Ihre Füsse machten sich selbständig und erst kam der linke, dann der rechte nach vorne. Kurz wurde er aufgesetzt, dann ging er wieder zurück. Ihre Oberweite wollte geschüttelt werden, aber sie hielt sich im letzten Moment noch zurück. Der Kopf bewegte sich immer noch unwillkürlich. Ein Lächeln war nicht auf ihren Lippen.
"Damla?" hörte sie.

Freitag, 4. Dezember 2015

Freitag, 27. November 2015

Das Geschenk

"Zum Geburtstag Viel Glück" sangen sie. Seit der Chef vor Jahren einmal vorschlug doch zu singen, musste bei jedem Geburtstag gesungen werden. Der Geburtstagende brachte schon immer Butterbrezeln oder Blechkuchen. Blechkuchen bedeutete ein Opfer von Zeit zu Gunsten der Gemeinschaft, Butterbrezeln waren ein Opfer von Geld. Alfred opferte bei seinem Geburtstag noch ein bisschen mehr Geld und brachte ausgefallenen Prosecco statt des sonst üblichen Sekts mit. Der Billigsekt vom Discounter ging bei ihm einfach nicht. Wenn er schon einen ausgeben musste, dann richtig. Es war üblich, dass der Geburtstagende keinen Orangensaft oder Sekt Orange trank. So trank Alfred zu seinem eigenen Geburtstag immer zwei Gläschen Prosecco am Vormittag. Zwar hatte er dann einen kleinen Rausch, aber zum Nachmittag wäre er für die Routinearbeiten wieder fit. So hatte er es die letzten Jahre immer gehalten, vormittags feiern, dann arbeiten, zu Hause den Anruf von Mutti hinter sich bringen und dann noch ein wenig lesen.

Freitag, 20. November 2015

Alfred und Andrea

Alfred schaute sich den gedeckten Tisch an und fand, dass das doch ganz ordentlich aussieht. Drei Gänge hatte er vorbereitet. Passend zur Herkunft seines Gastes war es eine Minestrone, gefolgt von einer Lachslasagne. Zum Abschluss sollte es eine Panacotta geben. Mit einem Blick auf die Uhr ging er in die Küche. Dort öffnete er die Flasche Bardolino, bevor er das Gemüse schnitt. Er fragte sich, ob er der Zeitangabe trauen durfte, weil italienische Zeit nicht immer deutsche Zeit war. Die Lasagne brauchte noch etwa 15 Minuten bis zur passenden Bräunung, das Gemüse würde er nun blanchieren und dann wäre das auch vorbereitet. Er wäre flexibel! Zufrieden kontrollierte er das Gästezimmer, dann wartete er, Musik hörend im Wohnzimmer.

Freitag, 13. November 2015

Andrea

Als Andrea aufwachte, war sie alleine in der Wohnung. Ein Blick auf die Uhr bestätigte, dass sie verdammt viel Schlaf nachgeholt hatte. Verwundert schaute sie sich in dem kleinen Zimmer um. Sie sprang auf und ging in das Wohnzimmer. Dort entdeckte sie die Reste von Alfreds Frühstück. Laut atmete sie aus. Die Tür zum Balkon wollte einfach geöffnet werden. Obwohl es kühl am Morgen war, ging sie im Nachthemd hinaus und schaute sich den Innenhof an. Direkt unter ihnen war ein Spielplatz neben einem hohen Baum. Der Balkon bot gerade Platz für einen kleinen Tisch mit zwei gegenüberstehenden Stühlen. Sie maß den Tisch mit den Händen aus und versuchte den linken Stuhl an die Vorderseite zu stellen. Aber es gab hier keinen Platz und sie stellte ihn wieder zurück.

Freitag, 6. November 2015

Alfred

Auf dem Weg zur Bushaltestelle musterte Alfred den Fußweg. An der ersten Ecke war wieder ein Haufen von dem kleinen Pinscher der alten Hexe. Diese wohnte im Eckhaus und hatte bestimmt schon über 80 Jahre auf den Buckel. Ihren Hund konnte sie gerade einmal um den Block führen. Sie konnte sich nicht mehr bücken, deswegen blieben diese Häuflein immer liegen. Nach der Biegung fand sich ein großer Haufen. Das war bestimmt der Dicke mit den Dalmatinern. Der sollte sich eigentlich bücken können! Er wollte sich nicht die Laune verderben lassen und deswegen dachte er sich lieber, wie gut es doch war auf den Boden zu blicken. Danach dachte er an die Leute die meinen es würde Glück bringen in einen Haufen zu treten, aber er gehörte definitiv nicht zu diesen! Die würden bestimmt auch Lose kaufen oder Lottoscheine ausfüllen. Bei dem Gedanken lächelte er. Er konnte gar nicht hineintreten. Und manchmal fand er sogar Münzen, die achtlose Zeitgenossen verloren hatten.

Freitag, 30. Oktober 2015

Die Chance

Die Falten in seinem Gesicht glätteten sich, als er sie anlachte. Obwohl eher sie ihn anlachte, ja förmlich ansprang. Er nahm sie mit. Es sollte ein Fastentag werden. Einmal in der Woche wollte er nur eine Mahlzeit zu sich nehmen, in der dann alle Nährstoffe und Mineralien für den Tag enthalten sein sollen. An diesem Mittwoch entschied er sich für eine Ananas. In der Norma auf dem Weg zur Arbeit war eine geschälte und entkernte Ananas im Angebot. Deswegen war er dort. Und als er das Plastikgehäuse mit der gelben Frucht in der Hand hielt, da sah er sie schon von weitem. Aber er schenkte ihr zunächst keine Aufmerksamkeit. Erst als er vor ihnen stand, sah er, dass sie genau die richtige Farbe hatte. Er nahm sie vorsichtig aus dem kleinen Eimer an der Kasse und roch an ihr. Es war ein angenehmer Geruch, von einer bestimmt in einem Gewächshaus gezogenen Rose hätte er anderes erwartet. Sie sollte nur ein Euro kosten und das war sie ihm wert. Zufrieden verließ er das Geschäft. Sein Gang wäre beschwingt gewesen, wenn er das rechte Bein hätte richtig belasten können.

Freitag, 23. Oktober 2015

Der Keller

"Du musst mir helfen. Ich brauche für meinen Auftritt unbedingt neue Schuhe. Die, die ich da hab, die gehen zwar, aber. "
"Moni, immer auf den letzten Drücker"
"Bitte, Du bist meine beste Freundin, meine Stilberaterin. Und es ist so wichtig, dass ich genau die richtigen High Heels bekomme. Sie müssen doch genau zum Kostüm passen. Aber auch nicht zu aufdringlich sein. Weil ..."
"Du? mit richtig hohen Absätzen? Das musst Du üben, sonst ..."
"Das brauche ich gar nicht so richtig können. Ich gehe ja nur in das Meeting hinein und er soll schon merken, dass ich die Dinger nur wegen ihn angezogen habe. ..."
"Halt, halt. Das ist mir zu schnell, tief einatmen und dann in aller Ruhe. Morgen geht es doch um ein ganz langweiliges Kick-Off mit abendlichem Trinken. Jedenfalls war das der Stand letzte Woche. Ich komme in ganz normalen Jeans."
"Du bist auch noch in der Entwicklung. Ich bin im Produktmanagement!"
"Gib nicht so an. Es sind doch nur untere Ränge da"
"Der Juniorchef, von Lautenkirchen, kommt doch auch. Der soll immer auf der Suche nach Ablenkung sein. Und der steht auf hohe Absätze. Knackig, süss und am Abend. Wer weiß."
"Du spinnst, aber morgen Vormittag könnten wir schon ein oder zwei Stunden shoppen. Wir müssen aber vorzeitig da sein, weil zum aufwärmen und einstimmen, du weißt schon."

Freitag, 16. Oktober 2015

Der Stock

"Hallo Schatz, ich bin jetzt an der Station, wie komme ich nun zu Dir?" fragte sie in ihr Handy. Lauschend musterte die junge Frau mit den weißen Turnschuhen den Bahnsteig, ging dann zur Rolltreppe und fuhr hinunter. Ihr Handy war die ganze Zeit an ihrem Ohr. Sie hörte erfreuliches, jedenfalls lachte sie häufig oder sagte etwas wie "ja, genau" oder auch "ich freu mich auf Dich". Unten nahm sie zielstrebig den rechten Ausgang. Auf dem dunklen Platz vor der S-Bahnstation bekam sie große Augen nachdem sie sich in allen Richtungen umgeschaut hatte. In ihr Handy sprach sie leise: "Du, eh, da ist keine Apotheke, da ist nur eine große Strasse". Sie lauschte und sagte dann kopfschüttelnd: "Nee, nee, ich bin in Stadtgrenze ausgestiegen. Du wohnst doch an der Stadtgrenze, so hast Du doch.." Sie lauschte noch eine Weile, ging wieder in die Station, fand den gelben Aushang und dann: "Der nächste fährt in 30 Minuten". Eine Gruppe mehr oder weniger alkoholisierter Nachtschwärmer kam in die Station. "Kann ich nicht einfach zu Fuß gehen? Ist ja nur eine Station" schlug sie ihrem Handy vor. Mit "Schön, gut, also ich pass schon auf und Du kommst mir entgegen. Dann kann ja nicht passieren. Und wenn, ich lauf doch schnell. Hab Dich Lieb!" schloss sie das Telefonat ab. Sie verstaute das Handy in ihre kleine, schwarze Lederhandtasche und ging zum rechten Ausgang. Auf der großen Strasse war um diese Uhrzeit wenig los. So ging sie in der milden Sommernacht mit festem Schritt nach links.

Samstag, 10. Oktober 2015

Der Plan

In der Bahn zum Büro hörte er auf seinen Ohrhörern etwas von diesem Weg, der ein harter Weg werden würde. Er schaute aus dem Fenster und träumte. Wie ein Boxer vor einem Boxkampf fühlte er sich. Obwohl er sich für das Treffen keine Rolle im Rampenlicht des Chefs vorgenommen hatte, würde er versuchen einen weiteren Schritt zu seiner Beförderung zu machen. Demnächst würde das Referat 209 eröffnet. Der Leiter würde intern besetzt werden. Neben ihm kamen von Breitenstein und Lojewsky in Frage. Die Qualifikation hätte Lojewsky, die Verbindungen von Breitenstein. Er selbst hätte die nur Dienstjahre. Wenn er nichts machen würde, würden sie ihn noch einmal übergehen. Es galt an Beine zu pissen, ohne als Pisser da zustehen. Er lachte bei dem Gedanken. Wie gut er das doch formuliert hatte. Es traf die Situation genau. Zunächst sich kleinmachen und abwarten. Das ist nie verkehrt und hält Optionen offen. Ob von Breitenstein als erster etwas auf den Tisch legt? Ihn in jedem Fall unterstützen. Wenn er das nicht machte, hätte er die Verbindungen von Breitensteins gegen sich. Später dann Lojewsky helfen, von Breitenstein aus einander zu nehmen.

Freitag, 2. Oktober 2015

Monster

"Wer ist denn da?" fragte die Stimme aus dem Lautsprecher.
"Klausi sei nicht albern, schau mal. Ich bin's" die jung gebliebene Frau mit den langen blonden Haaren lächelte in die kleine Kamera über dem Lautsprecher.
"Eleni? Jung siehst Du aus" lachte es daraus. Dann summte die Tür und sie konnte hinein. Auf dem Weg zum Aufzug betrachtete sie nachdenklich die Postfächer. Ganz kurz schaute sie zu dem Fach ganz rechts oben. Auf dem Schild war der rechte Teil abgeklebt. Links stand "K. Meyer/". Sie lächelte und schob ihren Daumennagel unter der linken Ecke des Aufklebers. Vorsichtig zog sie ihn hoch, bis sie das "E. Happelt" las. Nickend drückte sie den Aufkleber wieder zurück. Tänzelnd ging sie zu den Aufzügen und forderte einen nach oben an. Es kam der linke, eher langsame Aufzug. Sie stieg ein, drückte den obersten Knopf und kontrollierte während der Fahrt ihr Aussehen. Ihr Lächeln war einwandfrei! Und die Bluse stand ihr ausgezeichnet. Sie hob ihre Brüste mit beiden Händen kurz hoch, grinste nickend ihrem Spiegelbild zu und gab ihm ein Luftkuss.

Freitag, 4. September 2015

Adonis

Das war ein guter Platz. Sie breitete ihre Decke aus, legte ihre Tasche an die Seite in Richtung Weiherufer und zog sich bis auf den Bikini aus. Ihre ordentlich zusammengefaltete Oberbekleidung verstaute sie neben ihre Tasche. Aus dieser zückte sie ihr Smartphone bevor sie sich auf den Bauch legte, so dass ihr Kopf über der Tasche auf den Weiher schauen konnte. Das Smartphone legte sie auf die Wiese vor ihrer Tasche. Am Weiher waren schon einige Kinder am Plantschen. Mütter lagen in Grüppchen zusammen auf großen Decken, erzählten sich Geschichten von Geburt und Erziehung. Soloherren mit Schmerbäuchen betrachteten sehnsüchtig die Solodamen, die meistens in Handies oder Büchern versunken waren. Vielleicht war ja mehr als nur sonnen an diesem Nachmittag möglich? Sie stellte sich als "flirt interessiert" ein und schloss die Augen. Bevor sie sich auf der Suche nach einem Gegenstück machte, wollte sie sich genau vorstellen, was sie eigentlich wollte. Damit ihr so etwas wie beim letzten Mal nicht noch einmal passierte. Also stark sollte er schon sein. Breite Schultern waren immer ein muss. Aber wie sah es mit dem Bauch aus? Waschbrett war ja der Reinfall, aber schwabbelig? In jedem Fall einsilbig und zur Sache, so einer oder keiner! Sie machte die Augen auf und schaute in der App nach, ob es überhaupt jemanden in der Nähe gab. Es gab tatsächlich einen, der sich 'Lafmaschin' nannte und auf der Suche nach 'nur mal so nebenher' war. Das Profilbild zeigte einen blonden, breitschulterigen Mann mit einem flachen, glatten Bauch. Sie wischte das Profil nach rechts.

Freitag, 28. August 2015

Regeln

Unwillkürlich zog sich seine rechte Backe zusammen und kniff sein rechtes Auge zu. Laut holte er durch den halb geöffneten Mund Luft. Aber es gelang ihm die Haltung nicht zu verlieren. Nicht einen Millimeter wurden seine Schritte länger. Auch rief oder schrie er nicht. Nach ein paar Schritten hatte er seine Fassung wieder und er erreichte die Fußgängerampel wie gewohnt. Obwohl um diese Uhrzeit wenig Autos unterwegs waren, war diese in Betrieb und wollte bedient werden. Es geht doch nicht doch nicht, dass solche Idioten einfach schräg bei rot über die Kreuzung laufen! Er stellte sich aufrecht vor den Mast und drückte den Knopf. In vergangenen Zeiten konnte er kerzengerade stehen, aber sein Bauch wurde runder und fülliger, so dass er nun die Schultern zurückziehen musste, damit er nicht vorn überfällt. Er atmete tief ein und aus. Als es grün wurde, ging er genau in der Mitte des Überwegs. Sorgsam setzte er einen Schritt vor dem anderen. Bis er schließlich im Amt ankam.

Freitag, 21. August 2015

Graugänse

Am Abend vor der Heimreise wollte er nicht früh schlafen gehen. So griff er sein Handtäschchen, nahm den Fahrstuhl in das Erdgeschoss und suchte die Hotelbar auf. Diese war, wie sich das für die Klasse gehörte, recht gut besucht. Tatsächlich war aber noch ein Tischchen an der Fensterseite frei. Dort konnte er auch den Blick auf den Teich geniessen. Er bestellte sich einen "long island ice tea", deutete auf das Tischchen und nahm dort Platz. Aus seinem Täschchen holte er ein Tablet und eine Lesebrille. Wenig später vertiefte er sich in den Fotos seiner Beute. Kurz nickte er als eine Frau fragte, ob noch ein Platz frei wäre. Von ihrem Monolog mit einem Anrufbeantworter bekam er nur den Schluss mit:
"Also dann wünsche ich Dir noch einmal eine gute Nacht, ich gehe dann jetzt ins Bett. Morgen früh muss ich total früh heraus und danach ... schreibe mir doch eine eMail, weil Telefon geht gar nicht. Vermutlich hörst Du das ja erst am Morgen ab, dann wünsch ich Dir einen guten Morgen." Die Frau verstaute ihr Smartphone in ihre Handtasche, nahm einen Schluck aus ihrem Cocktailglas und schaute zu ihm herüber. Er merkte den Blick und schaute auf.
"Sie sind bestimmt Fotograf, bei so vielen Fotos.. " fragte sie ihn lächelnd.
"Ornithologe" gab er grimmig zurück.
"Ach, dann sind ja jemand, der sich mit vögeln auskennt?" in sein verblüfftes Schweigen sagte sie glucksend "Der ist alt, ich weiß"

Freitag, 14. August 2015

HIER

Seine Glatze legte ein eher ruhiges Auftreten nahe, aber er war im Gegenteil unstet und unruhig. Er ging nicht zu den anderen Wartenden an den Enden der U-Bahnhaltestelle, sondern zu den grauen Säulen in der Mitte. Mit seinen kräftigen Armen klopfte er gegen die Aluminiumverkleidung dieser Säulen. Der dumpfe Klang zauberte ein breites Grinsen in seinen schwarzen Vollbart. Er war sich sicher, dass er es bis zum "HIER" schaffte und schlug die Hände erst vorne dann auch hinten zusammen. Sein Kopf nickte entschieden. Noch einmal machte er ein "Klopf" gefolgt von "Klatsch" und "Klatsch". Danach kuschelte er sich an eine Säule und wartete auf die U-Bahn.

Freitag, 7. August 2015

Effektiv

In seinem Lieblingscafe konnte er diesmal nicht ganz so ruhig lesen. Zwar waren die Tische auf der Veranda spärlich besetzt, aber eine Stimme am Tisch hinter ihm telefonierte. Bei den ersten gebrüllten "Ja"s kniff er nur kurz die Lippen zusammen. Als dann "Das ist eine Rammelburg, keine Hammelburg" kam, blickte er auf und konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. Dafür verkniff er sich das Umdrehen und Nachsehen, wer so etwas seinen Mitmenschen antat. Er zwang sich weiter zu lesen und zeigte bei dem "Genau für alte Häschen, die es brauchen" überhaupt keine Reaktion. Die kam, als er "Kommt auch diese Trulla?" ... "Ulla?" hörte. Zwar blickte er nicht auf, aber bei Ulla gingen seine Augenbrauen nach oben und seine Mundwinkel nach aussen.

Freitag, 31. Juli 2015

Zusammenarbeit

"Ich weiß gar nicht was ich davon halten soll. Immer diese Überstunden." klagte Martina
"Mein Moritz macht zwar keine, aber nach dem Abendessen klappt er seinen Rechner auf, und dann macht er das, was er am Tag nicht geschafft hat. So sind sie halt, die Alphatiere." Elke hatte für alles eine Erklärung.
"Das mit dem Alphatier, das muss ich ihm erzählen. Würde er gerne hören. Bestimmt." Martina schaute zum Fenster hinaus und schnaufte durch die Nase.
"Er läuft doch nur hinterher. Sein Referent fordert mehr Einsatz und schon bleibt er eben ein wenig länger. Aus seiner Gruppe machen das alle. Nur, nun. Es ist Urlaub. Alle sind weg. Sein Referent, die Kollegen wirklich alle sind weg. Aber er tigert da hin und will nicht früher kommen. Sagt er müsse nun in Ruhe Akten sortieren. Pläne für die Schubladen schon einmal machen. Dann hätte er etwas in der Hinterhand" Sie tippte Elke auf die Hand. "Oder sollte ich mir Sorgen machen?"
"Also man hört ja so einige Geschichten." wusste Elke anzumerken. "Gerade wenn der Mann Auslauf hat, kann er einfach mal etwas organisieren. Aber unsere verreisen doch nicht. Ab und an gehen sie auf eine Konferenz, sind dann doch auch immer Kollegen dabei und da passiert schon nichts. Wenn sie zu einer Nutte müssen, kann uns das doch egal sein, oder?"
Martina lachte gequält mit, stellte dann aber fest. "Nutte, wäre ihm viel zu teuer. Und eigentlich, so stoffelig, wie würde er eine Affäre anfangen?"

Freitag, 24. Juli 2015

Der Schatz

An diesem Mittwoch wusste er, dass die Zeit gekommen war. Er machte Pause in seinem Lieferwagen, als er im Rückspiegel die beiden Mädchen an der Bushaltestelle sah. Die grössere von den Kleinen hatte die Haare zu einen kecken Pferdeschwanz zusammengebunden. Bei jedem Wort von ihr wippte dieser lustig. Sie sah recht frühreif aus. Ihre Brust zeichnete sich fast schon der kurzen Bluse ab. Ihr Bauchnabel würde später bestimmt ein Piercing bekommen. Dann wäre ihre Beine auch länger und die Pumps würden zu High-Heels. Eine richtige kleine Lolita! Ihre Freundin hielt ihr den Schminkspiegel und schaute zu, wie sie tatsächlich versuchte sich die Wimpern zu schwärzen. Als der kleine Junge hinzukam, wurde es ernst. Nun musste geschwärzt werden. Der kleine Mann war ein richtiger Ratgeber. Gekonnt zeigte er ihr, wie der Pinsel locker nach außen geführt wird und dabei die äußere Augenfalte schattiert. Als er das beobachtete, zwang sich erst ein Lächeln auf seine Lippen, dann nickte er. Die Kinder waren alleine an der Bushaltestelle des Villenviertels. Der Bus kam, sie stiegen hinein und als der Bus nicht mehr zu sehen war, stieg er aus dem Lieferwagen und studierte den Fahrplan. Der Bus fuhr früh morgens, mittags und abends. Jeweils dreimal. Als ihm auffiel, das dies die Abfahrtszeiten waren und er für die Ankunftszeiten auf den Plan der gegenüberliegenden Seite schauen sollte, fluchte er leise.

Freitag, 17. Juli 2015

Die Bank

"Komm, mach doch mit. Knacken wir die Bank!" schlug Matze vor.
"Ich mache so was nicht!" antwortete Alfons fest
"Ist überhaupt kein Risiko. Dr. Hildebrandt plant das genau. Und Du kennst ihn doch. Was der vorschlägt hat doch immer Hand und Fuß."
"Ja, schon. Aber kann ja auch schiefgehen"
"Null Risiko." Die beiden schauten sich kurz an, dann provozierte Matze mit: "Du hast bestimmt keine 15.000€, gibts zu"
"Ist viel Geld und hinterher .."
"Das klappt schon, aber wir müssen schon investieren."
"Ich schaffe nur 5.000€ und dann ist mein Konto schon zu. Wo hast Du die Kohle eigentlich her?"
"Meine Oma! Dafür hat man die doch. Was glaubst Du eigentlich, warum ich da einmal im Monat hingehe und Käffchen trinke?" nach einer kleinen Pause setzte Matze hinzu: "Deine wohnt doch in einem eigenen Reihenhäuschen, warum fragst Du nicht einmal?"
"Weiß nicht. Die kenne ich doch nur vom hören sagen."
"Trau Dich einfach. Die freuen sich immer, die Alten. Und haben Geld wie Heu. Wem sollen sie das denn sonst geben? Stell Dich vor und erzähl halt was von Hochzeit oder Wohnung oder Haus. Wirst sehen, was die gebunkert hat. Und wenn nicht, lass Dir die Preziosen geben. Weißt ja wo man die verticken kann."

Freitag, 10. Juli 2015

Koks

"Er war direkt tot. So einen Schlag überlebt keiner. Sehen Sie nur, direkt auf den Hinterkopf hinter dem Ohr wurde er getroffen. Sein Schädel war sofort hinüber. Könnte ein präziser Schlag mit einem Totschläger gewesen sein. Oder unglaublicher Zufall. Genaueres erst nach dem Labor."
"Wie lange ist das her?"
"Noch ganz frisch, keine Stunde"
Kommissarin Helferich schaute sich den Mann im schwarzen Anzug genauer an. Er war vielleicht dreißig Jahre alt. Seine Hände waren gepflegt. Unter den Schliessfächern entdeckte sie einen Schlüssel. "Sehen Sie mal dort. Den Schlüssel"
"Wir haben hier alles so liegen lassen, damit sie einen Eindruck bekommen. Fotographiert haben wir schon alles. Soll ich das Fach öffnen?" Der Mann im weissen Overall nahm den Schlüssel hoch und schaute die Kommissarin fragend an. Sie nickte. Im obersten Fach sahen sie Beutel mit weißem Inhalt.
"Könnten Drogen sein. Da müssen wir dann wohl die grossen Spurensicherung veranstalten. Ergebnisse gibt es morgen"

Freitag, 3. Juli 2015

Verlobung

Es regte ihn nicht auf, dass er, wie immer, auf Sascha warten musste. Sascha musste sich immer erst noch stylen, wenn es hinausgeht.
"Die neue Schnecke nicht vernaschen?" war die erwartete Frage, die der Freund nach der eher einsilbigen Begrüßung stellte. Wie der dabei grinsen konnte? dachte Wolfi. Er erklärte, dass es Sinn der Sache wäre zu prüfen, ob oder auch ob nicht. "Du nimmst das viel zu schwer" war dann der, sicherlich gut gemeinte, Rat des Freundes, bevor über die Vorzüge des freien Singledaseins geschwärmt wurde. Ein Mann muss eben sehen, dass er seinen Samen in möglichst breit verteilt. Wie schon bekannt, wurde noch einmal wiederholt, dass das ganze etwas biologisches sei. Wolfi nahm das nicht zu Ernst und nach ein paar Minuten kamen sie bei Annas Wohnung an.

Freitag, 26. Juni 2015

Marie-Carmen und Gerald

"Komm mit, ich zeig Dir was. Das hast Du noch nicht gesehen" Marie-Carmen wusste nicht so recht, was sie von dem Angebot halten sollte.
"Was denn?"
"Schau mal, das kann ich auch an der Rückseite machen" Gerald stieg auf sein Skateboard und nahm Fahrt auf. Er steuerte nicht die aufgestellten Rampen und auch nicht die Stahlreling in der Mitte des Skateplatzes an, sondern die Betoneinfassung, die die alte Musikschule umgab. Sollte er versuchen dort zu sliden? Es war eine hohe Stufe bestimmt mehr als einem halben Meter? Marie-Carmen nickte andächtig mit dem Kopf, als sie ihn auf der Stufe sliden sah. Er hatte das Board quer zur Stufe und rutschte auf dem Holzbrett etwa zwei Meter, bevor er wieder herunter sprang und weiter rollte.
Grinsend kam Gerald wieder zu ihr.
Sie zuckte nur mit den Schultern: "Du springst halt höher, und?"
"Hier ist das ja noch einfach. Aber auf der Rückseite der Schule ist ja nur der Weg und es sind Bäume und Büsche an der Stufe, da gibt es nur eine Stelle, die klappen könnte. Seit ein paar Tagen komm ich vor den Büschen wieder herunter."
"Wow. will sehen"
Die beiden fuhren die paar Meter zur Rückseite der Musikschule.

Freitag, 12. Juni 2015

Austern

Die roten Locken fielen ihm schon von weitem auf. Sie gehörten zu der Frau auf dem ersten Liegerad vor den Fernsehern. Mit schnellem Schritt ging er zu dem freien Liegerad neben ihr, legte sein Handtuch auf die Sitzfläche und stieg hinauf. Er legte die Füsse auf die Pedale und begann langsam zu treten. Die Anzeige im Display vor ihm leuchtete auf und er konnte Programm, Dauer und Schwierigkeitsgrad wählen. Er wählte "quick start", 10 Minuten und "easy". Nach ein paar Minuten ging sein Blick nach links zu den roten Locken. Sie gehörten einer Frau. Als sie sich zu ihm umblickte, drehte er den Kopf nach vorne und schaute in den Fernseher. Nicht noch einmal schaute er in ihre Richtung. Nach 10 Minuten fiel ihm ein hübscher Mann in Begleitung eines gleichaltrigen Mannes, der einen ansehnlichen Bierbauch vor sich her trug, auf. Alfred schaute in seine Richtung, während er langsam Rad stieg und sein Handtuch faltete. Die beiden gingen zu den Hanteln. Alfred trainierte nach seinem festen Plan, da waren nur die unterschiedlichen Geräte für Arme, Beine und Bauchmuskeln vermerkt. An der Klimmzuggerät mit Podest und Gegengewicht stellte stellte er 30 Kg ein. Er stieg die Sprossen herauf, ging auf das Podest und hielt sich an der Stange fest. Nun war er 30 Kg leichter und er konnte sich hoch ziehen. Immer wenn er oben war, schaute er lange in den Frauenhantelbereich. Dort trainierte eine grosse, kräftige Frau Situps. Sein Blick wanderte immer sofort zu ihr. Bei allen Stationen seines Planes verfuhr er so. Sorgfältig studierte er seinen Plan, stellte das Gerät ein. Immer beobachtete er die anderen Körper. Den hübschen Mann sah er später in der Sauna wieder.

Mittwoch, 3. Juni 2015

Anfangskapital

"Hallo Mille, alter Indianer auch hier?" Der große Mann schaute sich langsam und begrüsste den Ankömmling mit einem Nicken.
"Das ist ja ein Ding, aber Du machst das ja auch nicht zum ersten Mal."
"Und?"
"Also ich komme gerade vom feiern, eigentlich." Ein breites Grinsen unterbrach den gleich wieder fortgesetzten Redefluss. "Bis zwei Uhr war ich diese Nacht draussen. Warum muss ich eigentlich hier hin? Lernen tun wir hier doch nichts. Und für unsere Jobs braucht man das doch gar nichts. Wir sollen hier schrauben und basteln mit Metalldingern lernen, oder so. Wer nicht Computer wollte, muss hier. Du hast doch so etwas schon mal mitgemacht, oder? Erzähl doch mal" Er klopfte seinem Kumpel auf die Schulter.
"Feilen. Mehr war nicht. Ein Stück Eisen in Schraubstock und dann glatt machen"
"Und warum das?"
"Disziplin" Der Mann mit dem schwarzen Pferdeschwanz sprach das Wort ganz langsam aus. Er hob dabei den rechten Zeigefinger.
Der, etwa gleich große, genauso stämmige Mann mit der Igelfrisur schaute verblüfft und holte Luft: "Also das ist das dümmste, was ich je gehört habe. Nur deswegen hierhin zu kommen. Die haben mir doch gesagt, dass ich was technisches Lernen würde. Mit Metall und so. Weil Weiterbildung sein sollte ..."
"Ja, das heißt auch anders, ist aber nur ... " Mille zuckte mit den Schultern "feilen." Er nickte und zog dabei die Lippen breit.
"Da bau ich mir lieber was eigenes auf. So wie Fox, bei dem hat das geklappt. Schon gehört?"
"Kenn keinen Fox"
"Du kennst doch Fokkes, den, der nicht Lesen und Schreiben konnte"
"Mit den strubbeligen Haaren?"
"Ja, genau, stell Dir vor, der baut sich jetzt ein Wohnhaus"
"Nee, Blechhütte?" Mille lacht spöttisch.
"Er lässt bauen. Zum vermieten. Der ist richtig Unternehmer geworden. Ich mache so etwas auch!"
"Ich höre"

Freitag, 29. Mai 2015

wuschig

"Wir gehen dann zum Mittag, nicht doch mitkommen?" fragte ihn die Projektleiterin. Sie schaut ihn mit ihren Rehaugen flehend an. Aber er schüttelte wortlos den Kopf. Kurz wartete er, bis die Truppe zur Tür hinaus war, dann nahm er seinen Rucksack und verliess das Gebäude. Er hasste Kantinen und überhaupt das ganze Herdenverhalten. Oberflächlich reden war nichts für ihn und oberflächliches kommentarlos hören zu müssen schon gar nicht. Wenn er etwas sagen würde, wäre das zynisch oder überheblich oder unpassend. Und so ging er alleine die Strasse zum Hofgarten hinunter. Auf dem Weg kaufte er einen Döner an einer Imbissbude. Das war zwar nicht ganz so gesund, wie er sich eigentlich zu ernähren pflegte, aber dafür würde er am Abend nur Salat zu sich nehmen. Er ging ein wenig langsamer, als er vorsichtig den Döner verspeiste. Bis zum Park war dieser vertilgt und schnell bog er um die Ecke zur Terrasse des Parkcafes. Dort könnte er in aller Ruhe für sich noch etwas sitzen, träumen und vielleicht brächte er ja etwas zu Papier. An dem Tag war er aber nicht alleine. Jeder rechte Stuhl der drei Tischchen war von einer Frau belegt. Wenigstens gab es kein schnatterndes Grüppchen! Er blieb stehen und musterte die Lage. Sein Blick traf sich kurz mit dem der Frau am mittleren Tischchen. Sie beantwortete seinen fragenden Blick mit der Andeutung eines Lächelns und so ging er zu ihr, deutete auf den freien Stuhl, sie nickte erfreut und er nahm Platz.

Freitag, 22. Mai 2015

Tsatziki

Er kam die Stufen hinunter, sah die langen, silbergrauen Haare mit dem rötlichen Stich der Frau, die sich an der Säule lehnte und seine Pupillen weiteten sich. Unten angekommen machte er zwei schnelle Schritte in ihre Richtung, bevor er stoppte und sich umschaute. Vor einem breiten Spiegel entdeckte er den langen Tresen. Sein Kopf nickte unmerklich. Langsam bahnte er sich den Weg zum Tresen. Dort angekommen hielt er sich mit der linken Hand an der Griffstange fest und stellte den rechten Fuß auf die Fußablage. Er bestellte einen Caipirinha und beobachtete die Frau im Spiegel. Sie war im Profil zu sehen, ihre vorderen Haarsträhnen trug sie hinten zusammengebunden, so dass ihre Frisur eine Art bildete. Ihre Haare fielen glatt den Rücken hinunter, aber am Ende fielen sie in einer großen Locke. Genau inn dieser Locke war der lila Stich deutlich zu sehen. Ihm fiel ihrer Brust auf, die von diesen Locken eingerahmt war. Als der Caipirinha kam, zerkleinerte er zunächst mit den Trinkrohren die Eiskrümel, bevor er sich einen langen Schluck gönnte. Wieder schaute er zu ihrem Spiegelbild. Unverändert stand sie an der Säule und schaute dem Mädchen auf der Tanzfläche zu. Er holte tief Luft und, nach einem kleinen Schluck, lächelte er seinem Spiegelbild zu. Seine Augenbrauen zog er nach oben und zog die Lippen soweit auseinander, dass seine Zähne blitzten. Sie waren strahlend weiß. Den rechten Fuß setzte er auf den Boden, das Glas hob er an, aber den Griff loslassen wollte er nicht. Er nahm noch einen Schluck und betrachtete sie. Dann drehte er sich um und ging in ihre Richtung.

Mittwoch, 13. Mai 2015

Kawumm

Carsten prüfte noch einmal den Sitz der Krawatte. Es gibt nichts schlimmeres als ein verpatzten Deal und etwas am Äusseren wäre der Grund. Wenn es nicht klappt, dann deswegen, weil es nicht klappt, aber nicht wegen etwas, das einfach kontrolliert werden kann. Das war der Grundsatz ihres Vertriebs. Heute galt es den ersten Deal bei der Fachabteilung einer Bank fest zu machen. Diese hatten schon zugestimmt, ihnen ihre Werkzeugkette anzuvertrauen, es sollte nun noch der Entwicklungsleiter zustimmen. Diese Idioten! Wenn erst einmal der Matze dort ist, bekommen die den nicht mehr weg. Und wo einer ist, folgen dann noch weitere. Aber wenn sie wollen, wollen sie eben. Wenn dieser Entwicklungsleiter etwas drauf hat, sollte ihm das auffallen. Dann nicht grantig werden, sondern den Kontakt warmhalten, schön schleimen und vielleicht ergibt sich später etwas. Am Nachmittag würde er noch die Frischlinge bei der Versicherung besuchen und sich umhören, ob dort noch mehr Fachpersonal abgeladen werden kann. Bevor es am nächsten Morgen zurück zu Frau und Kind geht, würde er es am Abend vielleicht ein wenig krachen lassen. Ein dreckiges Grinsen schlich sich auf sein Gesicht. Er verabschiedete sich von seinem Spiegelbild mit einer geballten Faust, aus der Daumen nach oben zeigte und einem Nicken.

Freitag, 8. Mai 2015

Geil

Wie jeden Montag im Semester nahmen Cosima und Max denselben Zug zur Uni. Beide besuchten im Technikum das Messtechnikpraktikum. Es war das ungeliebte Pflichtseminar für Ingenieursstudenten. Max sorgte sich: "Also das mit der p-Verteilung der Messwerte, das weiß ich gar nicht, wie das geht"
Sie zog die Augenbrauen hoch und wunderte sich: "Das hatten wir im Leistungskurs schon gehabt." Auf seinen kritischen Blick fügte sie an: "München, Bayern. Da lernt man so etwas. Habt ihr so etwas nicht?".
"Ja, eigentlich schon, aber ich bin Mathe immer aus dem Weg gegangen"
"Warum machst Du dann Ingenieur?" sie schaute den Muskel bepackten Jungen an.
"Ich will eigentlich ja Journalist werden und so erklären, wie die Technik funktioniert und welche Grenzen und Risiken es gibt. Und das mit dem Rechnen muss ich halt lernen. Bisher bin ich durch die Klausuren auch gut durchgekommen. Ich mache das mit auswendig lernen. Aber nun das Protokoll mit den Auswertungen, da müssen ja die Berechnungen schon richtig sein."
"Es gibt doch schon Punkte für die richtige Formatierung und das richtige Datum." meinte sie. Mit Blick auf seinen Aufzug fügte sie noch an: "Müsstest Du doch eigentlich bestimmt hinbekommen". Dann schüttelte sie den Kopf, "Da muss ich wieder aufpassen, weil? Das ist so langweilig, immer den .."
"Wir ergänzen uns dann doch prima. Ich formatiere und schreibe, Du rechnest? Wir können doch zusammen abgeben." schlug Max vor. Sie musterte ihn von oben bis unten, dann nickte sie mit dem Kopf und stimmte mit "Wir können es ja mal probieren" zu.

Donnerstag, 30. April 2015

Die Schulter

"Evelyn? das ist ja eine Überraschung" Sie setzte sich zu der Frau am Fenster. "Marlies? Hey" die beiden tauschten Küsschen links und rechts, schauten sich dann den Bruchteil einer Sekunde schweigend an, bevor Marlies ihre Fragen: "Was machst Du hier? wo geht es hin? Wir haben uns ja so lange nicht gesehen" mit ihrer rechten Hand unterstrich.
Evelyn lachte und antwortete:
"Wir, also mein Mann und ich, stell Dir vor ich bin richtig verheiratet!" Marlies öffnete den Mund und schaute mit richtig grossen Augen. "Und, ich dachte, Du wärst in Hamburg, deswegen habe ich gar nach Dir gesucht" Evelyn hob die Schultern, lächelte und fügte hinzu: "Ich fahr nun zum Frauenartzt."
Marlies legte ihre rechte Hand auf ihren Bauch, deutete ein Wachsen desselben an und Evelyn erklärte: "Hoffentlich noch nicht, aber wenn es kommt, dann kommt es."
Marlies holte Luft und erklärte: "Also ich habe mir das Studium in Hamburg geschenkt. Da wäre ich ja nur. Deswegen bin ich nun Kauffrau. Klingt gut, nicht wahr. Nicht Kaufmann, sondern Kauffrau. Im Einkauf vom Hommel vergleiche die Angebote von Schraubenhersteller. Also das kann ja eigentlich jeder, der nur ein wenig nach dem Preis nachfragt. Die meisten sind sich dafür schade, deswegen machen das dann nur die Kaufleute. Dann wird der grösste Preis plötzlich ganz klein." Sie deutete das mit den Händen an, erst waren sie etwa 20 cm auseinander, dann schob sie sie auf 7 cm zusammen. "Das ist übrigens bei Männern ihren Stücken nicht anders, die meinen auch immer, sie hätten fünfzehn cm" Dieser Standardwitz kam recht gut bei Evelyn an. Marlies erzählte den Rest der Fahrt von Anekdoten, die sie auf ihren Reisen und Feiern erlebt hatte. Energisch ging sie zur Arbeit.

Freitag, 24. April 2015

Das Geheimnis der Hundesitterin

"Hallo Liebes, sollen wir nicht jetzt?". Es war ein richtiger Frühlingsmorgen, vor dem Fenster zwitscherten schon die Vögel und, ja, nun könnte er wieder vögeln. Sie wachte langsam auf, öffnete ihre Augen, drehte sich auf den Rücken und gab ihm einen dicken Kuss. Er legte sich sanft auf sie und wollte schon anfangen, da gab sie zu bedenken: "Aber wir wollen doch ein Kind machen!" Richtig, von hinten, mit ihrem Becken nach unten! Fasst wäre wieder etwas verschwendet worden. Sie drehte sich um, winkelte die Beine an, streckte ihm ihren runden, knackigen Arsch entgegen und fragte dabei: "Hast Du eigentlich schon wieder genug Samen angesammelt?". Richtig! Gestern ging die Zeugung ja, na ja, nicht dran denken! Aber sie hat einen ja auch überrascht, er konnte gar nicht aus dem Anzug, na ja. Sie hat ja Recht. Sanft streichelte er über ihren Arsch und verliess dann unverrichteter Dinge das Bett.
Nach dem gemeinsamen Kaffee schlug sie vor: "Wir warten besser noch bis Freitag. Ich bin ja noch bis Montag fruchtbar. Und dann ganz zwanglos und lässig. Bis dahin mach Dir bitte keinen Stress, wir werden das geniessen und eine deiner Spermien wird es zu meiner Eizelle schaffen."
Auf dem Weg zum Büro dachte er nur über Stress nach. Welche Stressfaktoren hat er? Sein Job ist für die nächsten Jahrzehnte sicher. Bestimmt! Wenn nur die blöden Kollegen nicht wären. Ob dieser Herr Müller mal zugänglich wird? So ein Schweiger als gegenüber, das ist nicht gut. Und dieser Freddy. Der hat irgendwas. Wenn der sich ausklinkt und die Brocken hinwirft, hätte er Stress. Die Sachen von dem übernehmen. Aber nicht dran denken, kein Stress machen. Nein, in aller Ruhe wird er die Tage bis Freitag hinter sich bringen.

Freitag, 17. April 2015

Der Ritter

Sie kamen vom Programmkino zurück. Einen Film über eine low-budget Verfilmung von Michael Kohlhaas hatten sie sich angesehen. Hauptfigur war ein Regisseur, der sein Filmprojekt auch ohne Budget durchzog. So wurde ein Ritterfilm ohne Pferde, Rüstungen und Schwerter gedreht. Sie war noch ganz begeistert vom Improvisationstalent:
"'Das ist nicht das Pferd, das ich als Pfand gegeben habe' und dann der Schwenk auf die Ziege, herrlich" lachte sie.
"Die Kampfszenen haben funktioniert, man konnte sich das alles vorstellen" fügte er hinzu. Mit seiner rechten Hand fuhr er durch die Luft und rief dabei: "hier nimm" und "das". Die beiden lachten. "Mit den richtigen Geräuschen war das voll realistisch, nicht? Da war ein Kling und Sirr und die Gesichter so verzerrt. Da brauchte es tatsächlich keine Waffen." erklärte sie, als sie weitergingen.
Wenig später sagte sie: "Du bist mein Ritter und kannst mich mit deiner rechten Hand beschützen, deswegen hat eine Dame ihren Beschützer zur linken." Mit ihrer linken Hand hängte sie sich in seinen rechten Ellbogen. Er schaute ihren blonden Schopf an und, ja, an diesem Abend auf dem Weg an der Basilika vorbei, würde er ihr einen Antrag machen. Den Ring hatte er schon seit Wochen dabei. So förmlich würde er sie dann aus der Kirche begleiten. Er hielt aber nur ein paar Schritte den abgewinkelten rechten Arm hin, dann legte er seinen rechten Arm vorsichtig auf ihre Schulter und sie drückte sich an seine starke Schulter. Mit ihrer linken Hand hielt sie sich an seiner Hüfte fest. Vorsichtig streichelte seine Pranke ihre Schulter, sie war ja so zerbrechlich. Arm in Arm bogen die zwei um die Ecke in die Bahnunterführung.

Freitag, 10. April 2015

Das Goldstück

Wie jeden Mittwochabend ging er alleine auf die Jagd. Hier zeigte sich seine Meisterschaft. Mittwochs gibt es wenig Beute, aber wenn, dann würde sie sich lohnen! An diesem Mittwoch probierte er eine Karaoke Bar aus. Vorher war nie auf diese Idee gekommen, aber ein Beitrag im Pickup Forum wies auf einen Frauenüberschuss hin und, tatsächlich, ein Trupp junger Frauen feierte. Die Kunst war hier schnell die eine des Abends zu finden. Es gibt nur einen Versuch, keine möchte zweite Wahl sein. Die siebener mit den goldenen Haaren! Ihre Augen trafen sich kurz, dann blickte er auf ihr Kinn, ihren Unterleib, ihre Brust und dann wieder ganz, ganz kurz in die Augen. Sie lächelte, er blieb cool und bestellte sich an der Bar erst einmal eine Caipirinha. Dabei prüfte er etwaige Konkurrenz, aber es standen nur ein paar Saufbrüder an der Bar. An den Tischen waren nur noch zwei Paare, die Beute war freigegeben. Als eine der Frauen sich an "Walk like an Egyptian" versuchte, setzte er sich in Bewegung und zeigte, dass er sich zur Musik zu bewegen wusste. John Travolta hätte das kaum besser machen können und schon strahlte ihn das Goldlöckchen an. "So bewegt sich doch ein Ägypter?" fragte er.
"Ein Ägypter?" ihr Mund blieb kurz offen, dann "Ah, ja. Egyptian ... oh der ist gut" Sie brach in schallendes Gelächter aus. Ein doofer Siebener! Ihre Freundinnen lachten mit und, er lächelte alle an, verweilte kurz bei einer Schwarzhäutigen, bevor er zu der blonden sagte, dass sie ganz zauberhaft lache. "Du gefällst mir" sagte sie. Wenig später versuchte sie sich an "Because the night". Auf den Weg zum Mikrofon sagte sie zu ihm: "Hör gut zu!". Er schnappte sich die Schwarze und tanzte mit ihr. Der Gesang wurde ungenauer und klang fasst schon ärgerlich. Ja, das mit der du-bist-gar-nicht-so-toll-Masche funktionierte wie immer.

Freitag, 3. April 2015

Die Sau

"Hallo Liebes, ich bin heute mal früher dran"
"Ja, wir sind gerade am Abendessen, Der Papa ist dran", sie stellte den Ipad auf den Esstisch und die Kinder winkten ihrem Vater zu.
"Hallo ihr, morgen komm ich wieder zurück, es hat alles viel schneller geklappt ..."
"Dann kannst Du mich tanzen sehen, toll" die Tochter winkte aufgeregt.
"Ja, um halb fünf im Kindertheater, das könntest Du doch tatsächlich schaffen, oder?"
"Wir landen um drei, Du müsstest mich abholen."
Die Gruppe am Esstisch freute sich und vergaß ihren Vater am Ipad. Bis dieser verkündete: "Also heute Abend gehe ich mit Freddy feiern, er will die Sau rauslassen, deswegen wird das nichts mit dem Gutenacht Anruf"
"Das hast Du dir verdient, feiert schön, aber pass auf Dich auf" meinte seine Frau und beendete das Gespräch. Er schaute sein Tablet noch lange an, bevor er es auf den Schreibtisch des Hotelzimmers legte.

Donnerstag, 26. März 2015

Leningrad Cowboys


Das Hinterhaus in der Nazarethkirchstrasse 173 im Wedding war es. Dort wohnte er im obersten Geschoss. Tänzelnd überquerte Lena den Leopoldplatz. Sie genoss die erste Sonne des jungen Frühjahrs. Rolf den Altpunker, der die Bewirtung im Nachbarschaftszentrum organisierte, wollte sie bewegen, doch auch die Bewirtung zum Afrikafest zu übernehmen. Zwar hätte sie das auch im Zentrum klären können, aber sie wollte wissen, in welcher WG Rolf war. Ihre eigene war schon langweilig und im Frühjahr suchen die Vögel auch immer ein neues Nest. Und Rolf war bestimmt solo, so hart wie der mit ihr und anderen rummachte. Erstaunt musterte sie die Nazarethkirchstrasse 173. Es sah so frisch gestrichen aus. Und der Durchgang zum Hinterhaus war blank geputzt. Aber im Innenhof lagen einige Müllsäcke herum. Die Tür zum Hinterhaus war offen und so drückte sie die dritte Klingel von oben beim Betreten des Treppenhauses. Ihre Rastalocken wippten die ersten zwei Stockwerke. Dort verschnaufte sie kurz und setzte ihren Aufstieg deutlich langsamer fort. Oben grinste Rolf, als sie die letzten Stufen nahm. "Gratulation und die Schuhe bitte ausziehen", war ihre Begrüßung.

Freitag, 20. März 2015

Der frühe Vogel

Da stand sie nun mit ihrem feinen, kurzen, schwarzen Cocktailkleidchen in mitten der vielen Leute. Sie nippte ein wenig an dem Champagner und suchte ein bekanntes Gesicht. Kurz winkte sie Sylvia zu, die die Idee zu diesem Besuch hatte. Sie wollte schon zu ihr hingehen, deutete aber Sylvias Gesichtsausdruck als Frage, was das denn sollte. Es ging ja nicht darum gemeinsam hier zu sein, sondern eben getrennt. So könnte jede versuchen, hier den richtigen Mann zu treffen. Zu zweit würden sie sich nur stören. Tatsächlich waren neben Paaren auch Männer ohne offensichtlich weiblicher Begleitung bei dieser Vernissage der ersten Ausstellung in der renovierten Fabrikhalle der Roth AG. Absolventen der Kunsthochschule stellten ihre Werke aus. In kleinen Nischen hatten sie ihre Exponate angeordnet. Durch die geschickte Beleuchtung wirkten diese gerade auch durch den Kontrast mit den unverputzten Backsteinwänden. Hier sollten sich neben wirklich an Kunst interessierten Besucher vor allem Familienangehörige der Absolventen anzutreffen sein. Und das wären dann eben Kreise, die ihrem Nachwuchs ein Kunststudium finanzieren. Falls hier der "Richtige" wäre, hätte er bestimmt auch das richtige Elternhaus. Sie wusste nicht so genau, ob sie die richtige für so etwas wäre, aber angefangen ist angefangen! Nachdem sie sich zunächst verloren vorkam, entdeckte sie in einer Nische mit großformatigen eher abstrakten Bildern vier gut gekleidete Männer im richtigen Alter. Neugierig ging sie hinüber.

Freitag, 13. März 2015

Blaumann

Die Sonne war schon lange aufgegangen als sie interessiert das Gesicht neben sich betrachtete. Über Nacht hatte er graue Stoppeln bekommen. Sie zog die Augenbrauen zusammen und schlüpfte leise aus dem Bett. Mit Handtasche und ihrem Slip ging sie ins Badezimmer. Nach einem kurzen Aufenthalt auf der Toilette betrachtete sie ihr Gesicht im Spiegel. Ein breites Lächeln erschien auf ihrem Gesicht bevor sich der Mund öffnete und den Blick auf ihre Schneidezähne freigab. "Miau!", sie machte eine Katze. Aus ihrer Handtasche holte sie das Etui mit den Kontaktlinsen. In das rechte, freie Fach legte sie die Kontaktlinsen mit den Katzenaugen. Dann duschte sie ausgiebig bevor sie wieder ihr Gesicht im Spiegel betrachtet. Zuerst probierte sie die grünen Linsen. Sie atmete aus und betrachtete sich nachdenklich im Spiegel. Kopfschüttelnd tauschte sie gegen die blauen. Wieder atmete sie aus, aber diesmal stimmte es. Sie nickte sich zu und verstaute das Etui in ihrer Handtasche. Zurück im Zimmer zog sie sich geschwind an, warf einen kurzen Blick auf den immer noch schlafenden Mann und wollte hinaus. Auf dem Tisch bemerkte sie einen 50€ Schein. Sie nahm ihn hoch, schaute ihn an, schaute zu dem Mann und steckte ihn ein, bevor sie durch die Tür verschwand.

Freitag, 6. März 2015

Der Held

Tatsächlich, Elvira würde das letzte Kapitel schaffen, bis zum Schluss der Fahrt! Es waren ja nur noch zwei Seiten und sie hatte noch eine Stunde bis Gelsenkirchen. Selbstverständlich kann sie auch schneller lesen, aber, wenn sie ein Buch zum zweiten oder auch dritten Mal liest, dann nimmt sie sich die Zeit auf Formulierungen und Redewendungen zu achten. Den Inhalt kennt sie ja schon. So stoppte sie auch, als sie las, dass der Clan in einem Tal "dwelt". Sie schmunzelte bei diesem Wort, das es so ähnlich im Althochdeutschen gibt und das mit den Angeln und Sachsen nach England kam. Es drückt die Weile im wohnen und siedeln mit aus. Der Clan ist dort eben seit ein paar Generationen und könnte weiterziehen. Sie meditierte ein wenig und las dann weiter. Es ging in dem Buch um einen Helden, der eben diesen Clan verteidigt und nun zurückkehrt. Auf der letzten Seite wird beschrieben, dass er seine Liebsten unbeschadet antrifft. An dieser Stelle schaute sie wieder aus dem Fenster und stellte fest, dass von allen Frauen in dem ganzen Buch sie sich in dieser Liebsten des Helden wiederfindet. Sie zog ihre Augenbrauen zusammen, las auch diese Seite zu Ende und fragte sich wen ihre Mutter wohl als Partner ausgesucht hatte.

Freitag, 27. Februar 2015

Dresscode

Was sollte er nur anziehen? Barbara wollte ihn heute in "mindestens sauberen Sachen" sehen. Wenn er wollte, könnte er auch in einem Anzug mit Hemd und Krawatte kommen. Er holte den Bügel mit dem Anzug aus seinem Kleiderschrank. Mit hochgezogenen Augenbrauen schaute er ihn an. Entschlossen nickte er und legte den Anzug auf das Bett. Zurück am Schrank nahm er die Bügel mit den zwei einfarbigen Hemden heraus. Kurz verglich er, dann zog er das weiße Hemd an. Was würde Barbara wohl anziehen? fragte er sich. Sollte sie in einem Rock kommen? Er zog sich die Anzughose an, steckte das Hemd hinein, schlüpfte in das Sakko und betrachtete sich im Spiegel. Fühlte er sich wohl? fragte er sich mit der linken Hand in der Tasche. Festlich kam er sich vor. Ob Barbara wohl in einem kleinen, schwarzen kommt? Bei dem Gedanken fiel ihm auf, dass der Stoff einer Anzughose um ein vielfaches dünner und leichter war. als der einer Jeans. Schnell schlüpfte er aus der Hose und in seine Lieblingsjeans. Wieder schaute er sich mit der linken Hand in der Tasche an. Er nickte mit dem Kopf und suchte in der Schublade. Sein Schlips oder die Krawatte vom letzten Weihnachten? war seine Frage. Als er versuchte den obersten Knopf des Hemdes zu schließen, erübrigte sich die Frage.

Freitag, 20. Februar 2015

Naturblond

An jenem Mittwoch hatte er wieder Glück! Zum einen ließ ihn die Bekannte, die ihn am U-Bahnsteig grüßte, alleine fahren, zum anderen sah er bein Einsteigen schon einen freien Sitzplatz. Geschwind nahm er Platz, stellte seine Beine brav nebeneinander und legte seine abgegriffene und ausgebeulte Ledertasche auf den Schoss. Er öffnete die Tasche und holte mit einem Griff den "märkischen Anzeiger" daraus. Zunächst sichtete er die unterschiedlichen, ortsbezogenen Teile. Der Teil mit einem Artikel zu einem Bio-Bauern fand sein Interesse. Nach dem Lesen der Einführung kam ein Studium des Bildes mit einem Bauern neben einem Traktor. Jeden Abschnitt des Artikels schaute er sich kurz an, bevor er mit der Glosse am Rand der Seite fortfuhr. Er atmete hörbar durch die Nase aus und presste die Lippen zusammen, als er diesen Teil zusammen faltete. Sein Blick fiel auf die wartenden Mitreisenden, dann nahm er die Sportseiten des gleichen Bezirks. Die Hallenhandballreportage hatte es ihm angetan, als die Kleine einstieg. Sie fiel ihm zunächst gar nicht auf.

Freitag, 13. Februar 2015

Der Spieler

Welch schmale Hände er doch hat! Das war ihr zweiter, nein ihr dritter Gedanke, der sie überkam, als sie den Mann schräg gegenüber beobachtete. Der erste war die Verblüffung, dass er sie überhaupt nicht wahrzunehmen schien. Hätte sie vielleicht doch mehr Parfüm auftragen sollen? Der zweite war ihr Unbehagen betreffs der Smartphones generell, die doch die Menschen im allgemeinen vereinzeln. Dann erst, als ihr Blick auf den Punkt seines Interesses fiel, bemerkte sie die feinen Hände, mit denen er das Teil bediente. Wie flink die Daumen auf dem Display tanzten, wie zärtlich es gestreichelt wurde. Ihre Mund wurde ein klein wenig breiter, als ihre Augen wieder nach oben zu seinem Gesicht wanderten. Wie jung er doch aussah! Vielleicht war das ja genau der richtige Mann für sie. Ein Mann zum Nest bauen. Zum zusammenbleiben. Ordentlich genug sah er ja aus, seine Schuhe waren geputzt, die Kleidung sauber und ordentlich. Und diese Hände!

Freitag, 6. Februar 2015

Die Mandarinenente

"Hey Moni, was hast Du denn dabei?", fragte sie direkt.
"Das hier? Schick, nicht wahr" Die Angesprochene hob ihre nagelneue Handtasche hoch. Sie nahm mit einem "Ich darf doch mal .." ihrer Freundin die Tasche ab. "Da bist Du aber stolz drauf" kommentierte sie, während sie mit ihrer Hand über das Leder fühlte. Das Schwarze ihrer Augen wurde dabei ein wenig grösser, aber ihre Mundwinkel gingen schnell nach unten und sie sagte "Für mich wäre das ja nichts, ich bleibe lieber bei meiner. Die ist klein und doch passt alles hinen". Sie hielt ihre rötliche Henkeltasche dagegen. "Was hast Du dafür gemacht, war doch bestimmt sauteuer?" fragte sie. Moni erwiderte nur "Gar nichts, wirklich, ist mir zugeflogen" Sie wurde nicht einmal rot dabei.

Freitag, 30. Januar 2015

Wie schön ein Mann zu sein

Wie immer, wenn er seine Klienten in der Südstadt besuchte, ging er auch an jenem Tag zur Mittagspause in die Cafeteria des Krankenhauses. Es war einfach die Adresse mit dem besten Preis-Leistungsverhältnis. Mit seinem Tablett schaute er sich kurz um, ob er nicht ein bekanntes Gesicht entdeckten konnte, bevor er dann doch einen Tisch mit Blick zum Eingangsbereich der Klinikpforte ansteuerte. Auf dem Weg fiel ihm dann aber doch ein Gesicht auf, das er zunächst nicht richtig zuordnen konnte. Sie sah aus wie, aber das konnte ja gar nicht sein, oder doch? "Hilda?" fragte er sie dann doch. Die eher unscheinbare Frau schaute verblüfft auf, legte ihre Stirn in Falten und antwortete dann mit: "Das gibt es nicht, Olaf?"
Grinsend stellte er sein Tablett zu ihr auf dem Tisch und die beiden beschworen ihr unverhofftes Wiedersehen nach so langer Zeit. Sie wohnte vorübergehend wieder in ihrem Elternhaus und war wegen einer "Frauensache" ambulant in der Klinik. 
"Dann übernachtest Du ja nicht hier und kannst raus?" fragte er zum Abschied. Sie nickte und er schlug vor: "Zäpfle beim Zipfel, so wie früher?"
"Sag bloß, das Limba gibt es immer noch?" lachte sie.
"Klar doch, so um neun?" fragte er. Sie nickte.

Freitag, 23. Januar 2015

Der kleine Alfons

"Hallo Liebes, wir kommen doch wohl später zum Bahnhof. So klappt das nicht mit dem Zug. AberdDer Papa meint mit einem Mietwagen schaffst Du es noch. Er würde ..." sprach die ältere Dame ihr Handy.
"Ihr wart das nicht auf dem Bahnsteig, eben? Alfons ist euch doch entgegen gegangen? Ich habe seine Tasche abgestellt und euch noch zugewunken. Mein Gott, das darf doch nicht wahr sein", hörte sie, bevor sie sagte: "Aber deswegen haben wir doch vorhin angerufen. Du solltest doch noch warten und nun wollte ich Dir sagen, dass wir noch ... Bist Du noch dran? Iyonne?" Sie schaute ihren gleichaltrigen Begleiter erstaunt an: "Sie hat aufgelegt."
"Sie kommt schon noch rechtzeitig zum Vorstellungstermin. Ich schaffe das schon, muss nur tüchtig Gas geben. Du hast ihr das nur nicht richtig erklärt." meinte er.
"Ganz anders: Sie ist unterwegs, aber der Kleine ist auf dem Bahnsteig, weil er uns verwechselt hat. Sie dachte auch wir wären das." sie sah ihn an und fuhr fort: "Das kann aber doch gar nicht. Was machen wir denn nun?" 

Freitag, 16. Januar 2015

Dinner

Er würde den Auftrag erfolgreich zu Ende führen. Er muß ja Erfolg haben und deswegen könnte er am Morgen schon einmal die Feier am Abend planen. Ein Arsch, ein richtiger sexy Arsch wäre das Beste! Auf seinem Spaziergang musterte er die diversen Hinterteile, die vor und neben ihm liefen. Kleine Jungs hätten ja die knackigsten, aber das würde vielleicht in Kambodscha funktionieren. Warum muss er auch wieder in Europa arbeiten? Dann sah er ihn. Bedeckt von einem kurzen, rot gepunkteten Minikleid, auf zwei nicht allzu langen, dafür aber schwarz bestiefelten Beinen. Sein Schritt wurde ein wenig schneller und an der Ampel drehte er sich zu seiner Besitzerin um.