Freitag, 26. Juni 2015

Marie-Carmen und Gerald

"Komm mit, ich zeig Dir was. Das hast Du noch nicht gesehen" Marie-Carmen wusste nicht so recht, was sie von dem Angebot halten sollte.
"Was denn?"
"Schau mal, das kann ich auch an der Rückseite machen" Gerald stieg auf sein Skateboard und nahm Fahrt auf. Er steuerte nicht die aufgestellten Rampen und auch nicht die Stahlreling in der Mitte des Skateplatzes an, sondern die Betoneinfassung, die die alte Musikschule umgab. Sollte er versuchen dort zu sliden? Es war eine hohe Stufe bestimmt mehr als einem halben Meter? Marie-Carmen nickte andächtig mit dem Kopf, als sie ihn auf der Stufe sliden sah. Er hatte das Board quer zur Stufe und rutschte auf dem Holzbrett etwa zwei Meter, bevor er wieder herunter sprang und weiter rollte.
Grinsend kam Gerald wieder zu ihr.
Sie zuckte nur mit den Schultern: "Du springst halt höher, und?"
"Hier ist das ja noch einfach. Aber auf der Rückseite der Schule ist ja nur der Weg und es sind Bäume und Büsche an der Stufe, da gibt es nur eine Stelle, die klappen könnte. Seit ein paar Tagen komm ich vor den Büschen wieder herunter."
"Wow. will sehen"
Die beiden fuhren die paar Meter zur Rückseite der Musikschule.

Freitag, 12. Juni 2015

Austern

Die roten Locken fielen ihm schon von weitem auf. Sie gehörten zu der Frau auf dem ersten Liegerad vor den Fernsehern. Mit schnellem Schritt ging er zu dem freien Liegerad neben ihr, legte sein Handtuch auf die Sitzfläche und stieg hinauf. Er legte die Füsse auf die Pedale und begann langsam zu treten. Die Anzeige im Display vor ihm leuchtete auf und er konnte Programm, Dauer und Schwierigkeitsgrad wählen. Er wählte "quick start", 10 Minuten und "easy". Nach ein paar Minuten ging sein Blick nach links zu den roten Locken. Sie gehörten einer Frau. Als sie sich zu ihm umblickte, drehte er den Kopf nach vorne und schaute in den Fernseher. Nicht noch einmal schaute er in ihre Richtung. Nach 10 Minuten fiel ihm ein hübscher Mann in Begleitung eines gleichaltrigen Mannes, der einen ansehnlichen Bierbauch vor sich her trug, auf. Alfred schaute in seine Richtung, während er langsam Rad stieg und sein Handtuch faltete. Die beiden gingen zu den Hanteln. Alfred trainierte nach seinem festen Plan, da waren nur die unterschiedlichen Geräte für Arme, Beine und Bauchmuskeln vermerkt. An der Klimmzuggerät mit Podest und Gegengewicht stellte stellte er 30 Kg ein. Er stieg die Sprossen herauf, ging auf das Podest und hielt sich an der Stange fest. Nun war er 30 Kg leichter und er konnte sich hoch ziehen. Immer wenn er oben war, schaute er lange in den Frauenhantelbereich. Dort trainierte eine grosse, kräftige Frau Situps. Sein Blick wanderte immer sofort zu ihr. Bei allen Stationen seines Planes verfuhr er so. Sorgfältig studierte er seinen Plan, stellte das Gerät ein. Immer beobachtete er die anderen Körper. Den hübschen Mann sah er später in der Sauna wieder.

Mittwoch, 3. Juni 2015

Anfangskapital

"Hallo Mille, alter Indianer auch hier?" Der große Mann schaute sich langsam und begrüsste den Ankömmling mit einem Nicken.
"Das ist ja ein Ding, aber Du machst das ja auch nicht zum ersten Mal."
"Und?"
"Also ich komme gerade vom feiern, eigentlich." Ein breites Grinsen unterbrach den gleich wieder fortgesetzten Redefluss. "Bis zwei Uhr war ich diese Nacht draussen. Warum muss ich eigentlich hier hin? Lernen tun wir hier doch nichts. Und für unsere Jobs braucht man das doch gar nichts. Wir sollen hier schrauben und basteln mit Metalldingern lernen, oder so. Wer nicht Computer wollte, muss hier. Du hast doch so etwas schon mal mitgemacht, oder? Erzähl doch mal" Er klopfte seinem Kumpel auf die Schulter.
"Feilen. Mehr war nicht. Ein Stück Eisen in Schraubstock und dann glatt machen"
"Und warum das?"
"Disziplin" Der Mann mit dem schwarzen Pferdeschwanz sprach das Wort ganz langsam aus. Er hob dabei den rechten Zeigefinger.
Der, etwa gleich große, genauso stämmige Mann mit der Igelfrisur schaute verblüfft und holte Luft: "Also das ist das dümmste, was ich je gehört habe. Nur deswegen hierhin zu kommen. Die haben mir doch gesagt, dass ich was technisches Lernen würde. Mit Metall und so. Weil Weiterbildung sein sollte ..."
"Ja, das heißt auch anders, ist aber nur ... " Mille zuckte mit den Schultern "feilen." Er nickte und zog dabei die Lippen breit.
"Da bau ich mir lieber was eigenes auf. So wie Fox, bei dem hat das geklappt. Schon gehört?"
"Kenn keinen Fox"
"Du kennst doch Fokkes, den, der nicht Lesen und Schreiben konnte"
"Mit den strubbeligen Haaren?"
"Ja, genau, stell Dir vor, der baut sich jetzt ein Wohnhaus"
"Nee, Blechhütte?" Mille lacht spöttisch.
"Er lässt bauen. Zum vermieten. Der ist richtig Unternehmer geworden. Ich mache so etwas auch!"
"Ich höre"