Freitag, 26. August 2016

Schokolade

War das nun ein Fake oder nicht? Kurz überlegte Gina, dann wischte sie den blonden Hünen nach rechts. Zumindest einem von den Stechern wollte sie schon eine Chance geben.
Sie legte ihr Smartphone auf den Tisch, lehnte sich zurück und schaute auf den Bahnhofsvorplatz. Es war nichts los. Eine kleine Gruppe Penner lagerte auf den Bänken zur Linken. Gegenüber kamen gerade ein paar Punks an. Der Cappuccino schmeckte wie immer gut. Ihr Smartphone summte. Der Hüne hatte ihr Profil auch nach rechts gewischt.
"Hallo Schokoladenfreundin. Wann? Wo? Freu mich schon auf deinen Arsch!" las sie. Vom Arsch hatte sie nichts in ihrem Profil vermerkt.
"Arsch?" schrieb sie.
"Schokolade ist doch a n a l?" las sie.
Nur kurz wunderte sie sich. Dann bracht sie die Unterhaltung ab. Das mit der Schokolade sollte andeuten, dass sie 'danach' noch gerne mit ihm, der 'es' ihr besorgt hatte, auf dem Sofa sitzen und fernsehen wollte. Es ging nicht um das Kuscheln, obwohl das schön wäre, sondern nur einfach noch Zeit verbringen und Schokolade essen. Ein Übergewicht sollte auch erwartet werden können, obwohl ihr Bauch gar nicht so viel war, war es doch besser dies auch anzudeuten.
Ihr Profil sollte überarbeitet werden!
Bevor sie sich dieser Arbeit widmen konnte, sah sie den Bus kommen. Das war das Zeichen, das die Zeit gekommen war, sich auf den Weg ins Büro zu machen. Sie bestellte die Rechnung und wusste noch nicht, dass die nächsten Minuten den Auftakt bildeten, zu einer anderen Einstellung zur Zeit als solcher zu kommen.

Freitag, 19. August 2016

Auf die Schnelle

Der Guglhupf war gelungen! Zufrieden strahlte Elli das Ergebnis ihrer Backanstrengung an. Wie von ihrer Mutter gelernt, hatte sie die gesamte Form, gerade auch die Ecken, mit Butter eingeschmiert. Er kam vollständig aus der Form. Geschwind verteilte sie noch den Puderzucker darüber und verstaute ihre Überraschung in ihrer schwarzen Einkaufshandtasche. Probeweise hob sie diese vorsichtig hoch. Vom Gewicht her ging das! Das würde so heil ankommen. Es galt mit öffentlichen Verkehrsmitteln quer durch die Stadt zu fahren, mit dem Fahrrad würde der Guglhupf nie ankommen. Jedenfalls nicht in einer ansehnlichen Form. In der anderen Hand könnte sie noch die Sonnenblumen halten, wenn sie die Kuriertasche nehmen würde. Diese hatte sie von ihrem Vater geerbt. Sie wurde schräg getragen, den Riemen über die rechte Schulter und die Tasche dann an der linken Hüfte. Sie probierte das aus. Mit der rechten Hand die Tasche mit dem Guglhupf und in der linken die Sonnenblumen. So würde das gehen. Sie könnte immer die schwere Tasche vorsichtig absetzen, wenn es galt eine Bus- oder Bahntüre zu öffnen. Ein Blick auf die Uhr sagte ihr, dass sie mal wieder zu früh war. Detlev hatte gesagt, vor 14:00 wären sie bestimmt nicht ansprechbar. Er hatte in der Mehrzahl geredet! Ihr Sohn würde nicht alleine sein und sie dürfte seinen Liebling kennen lernen.

Samstag, 13. August 2016

Drei Freundinnen

"Hallo Wallace, schaust Du morgen bei uns vorbei? Wir machen da eine kleine Feier."
"Hallo Markus, wie geht es Dir denn so? Alles in Ordnung?" grinste es der runde, große Mann und hielt ihm die Hand hin.
"Danke, geht so. Muss ja. Und selber?" er griff zu und spürte den warmen, nicht zu kräftigen Händedruck, des immer freundlichen Kollegen aus Schottland.
"Danke der Nachfrage. Das Wetter soll ja morgen richtig sonnig werden. Obwohl es ja am Abend noch einen Schauer geben könnte. Aber dann kann man sich ja in das Wohnzimmer zurück ziehen. Für mich ist das hier ja fast so ein schöner Sommer, wie bei uns daheim. Obwohl es hier ja schon um acht Uhr dämmrig wird."
"Also wegen der Feier morgen nachmittag, so gegen 16 Uhr, kommst Du nun?"
"Aber sicher doch. Was ist der Anlass? Soll es etwas feierliches sein? Ich könnte mit Rock kommen?"
"Ganz informell mal nach dem Einzug in die neue Nachbarschaft, so zum Kennenlernen mit Nachbarn, Kindergartenfreundinnen und Kollegen."
"Also mit Kilt wäre das schon repräsentabel. Immerhin bin ich ja dann so etwas wie ein Vertreter eines fernen Landes. Soll ich einen Wanderer oder lieber ein, wie heißt das? Huhn mitnehmen?"
"Äh?"
"Walker, Johnnie? Famous Grouse?"
"Ach, das mit dem Rebhuhn. Der war doch auch bei deinem Einstand dabei."
"Ok, dann bis morgen. Ich bring auch Leslie mit. Ist doch ok?"
"Aber sicher doch. Wir freuen uns auf Euch!"

Samstag, 6. August 2016

Das Porträt

"Was haben Sie denn da?"
"Das wird die Mütze für den kleinen Moritz. Alle Mütter in meiner Familie stricken ein Mützchen für ihr erstes Kind. Und genau so sollen Sie das auch darstellen. Ich, schwanger, fürsorglich strickend." sagte Frau Weissenberger.
"Ah, ja. Nun denn. Aber schauen Sie doch bitte mehr nach oben und nicht so angestrengt. Also so geht das ja eigentlich nicht." Micki legte den Skizzenblock weg.
Die schwangere Frau hörte auf zu stricken. "Soll ich stillhalten?" Durch die zwei Nadeln vor dem Gesicht schaute sie ihn an.
"Nein, nein. Stricken Sie nur einfach weiter. Ich schaue mir das in aller Ruhe an, bis ich so ein Gefühl für die richtige Pose bekomme. Dann melde ich mich schon. Und dann fangen wir das ein. Machen Sie nur einfach weiter".
Die Frau strickte wieder.
Der Maler zündete sich eine Zigarette an.
"Also ich bin schwanger, da werden Sie doch nicht?"
"Die Halle ist doch groß genug." Er stand auf und entfernte sich ein paar Schritte. Den Qualm blies er in Richtung Fenster. "Sehen Sie das weht sofort heraus. Sie sind da nicht der erste Kunde mit Raucherproblemen. Ich muss nur nachdenken, in welcher Pose ich Sie abbilde. Dabei brauche ich unterschiedliche Winkel. Wir hatten ja ausgemacht, das sie mit einem Buch oder Fächer abgebildet werden. Mit Stricknadel muss das doch natürlich unterbrochen wirken. Oder soll ich Sie so konzentriert malen. Aber das sind Sie doch gar nicht."
"Ok" Die Frau schüttelte zwar den Kopf, aber dann strickte sie weiter. Nach ein paar Zügen befahl er: "Still! Nicht bewegen. Genau so bleiben Sie bitte!"
Der Maler drückte die Zigarette aus und sprang wieder an seinen Platz. "So sehen Sie perfekt aus. Das ist genau die Pose, die zu Ihnen passt."
Nach einer Stunde hatte er genügend Skizzen beisammen und seine Kundin ließ ihn alleine in der alten Halle.