Freitag, 29. Januar 2016

Der Schrei

Was sollte seiner Tochter auf dem Weg zur Schule passieren? Er drückte ihre Hand ein wenig fester und schaute nach rechts. Sie schaute mürrisch zurück. Wie groß sie schon war! Er nahm die Wölbung an ihrer Brust wahr und schaute schnell wieder auf die Treppenstufen. Sie ist noch ein Kind! sagte er sich. Und deswegen war das schon vollkommen in Ordnung, wenn er sie, zumal in diesen Zeiten, zur S-Bahn Station brachte.
"Papa" flehte sie und blieb vor den oberen Stufen stehen.
Fragend sah er sie an.
"Gib mir den Ranzen" sie griff nach dem bunten, für ihre schmalen Schultern viel zu schweren Schulranzen, den er für sie trug.
"Aber ..." da hatte sie ihn schon auf ihrem Rücken und nahm die letzten Stufen zu den Gleisen.
Ihm blieb nur hinterher zu laufen. Sie traf sich mit ihren Schulfreundinnen. Ihn kannte sie nicht mehr. Mit zur Schule wollte er dann doch nicht fahren. Was sollte ihr schon passieren? fragte er sich.

Freitag, 22. Januar 2016

Plan B

So langsam bekam sie kalte Füße. Nicht die kalten Füße, die sie an einem Wintertag verspürte, wenn sie nicht gefütterte Stiefelchen trug. Auch nicht die kalten Füße, die sie manchmal unter der Bettdecke verspürte. Es waren die kalten Füße, die sie bekam, wenn es um eine Entscheidung ging, die einen so großen Gewinn versprach, dass sie eigentlich zustimmen muss und nicht ablehnen kann. Eine Entscheidung über die sie nicht selbst die Kontrolle hat. Unwillkürlich ging sie langsamer. Sie sollte ihn eher kühl verabschieden, entschied sie. Zur Bestätigung nickte sie mit dem Kopf, stampfte mit dem rechten Fuß auf und ging dann wieder schneller weiter. Ein Herzschmerz Abschied mit langen, traurigen Blicken sollte es nicht geben. Eher ein fröhlicher Abschied mit Ausblick auf bindungslose Zwischenzeit. Und wenn, ja wenn, nach einem Trennungsjahr ihre Herzen immer noch im Gleichklang schlagen würden, ja dann. Ihr Smartphone tönte den Empfang einer Nachricht.