Freitag, 23. Oktober 2015

Der Keller

"Du musst mir helfen. Ich brauche für meinen Auftritt unbedingt neue Schuhe. Die, die ich da hab, die gehen zwar, aber. "
"Moni, immer auf den letzten Drücker"
"Bitte, Du bist meine beste Freundin, meine Stilberaterin. Und es ist so wichtig, dass ich genau die richtigen High Heels bekomme. Sie müssen doch genau zum Kostüm passen. Aber auch nicht zu aufdringlich sein. Weil ..."
"Du? mit richtig hohen Absätzen? Das musst Du üben, sonst ..."
"Das brauche ich gar nicht so richtig können. Ich gehe ja nur in das Meeting hinein und er soll schon merken, dass ich die Dinger nur wegen ihn angezogen habe. ..."
"Halt, halt. Das ist mir zu schnell, tief einatmen und dann in aller Ruhe. Morgen geht es doch um ein ganz langweiliges Kick-Off mit abendlichem Trinken. Jedenfalls war das der Stand letzte Woche. Ich komme in ganz normalen Jeans."
"Du bist auch noch in der Entwicklung. Ich bin im Produktmanagement!"
"Gib nicht so an. Es sind doch nur untere Ränge da"
"Der Juniorchef, von Lautenkirchen, kommt doch auch. Der soll immer auf der Suche nach Ablenkung sein. Und der steht auf hohe Absätze. Knackig, süss und am Abend. Wer weiß."
"Du spinnst, aber morgen Vormittag könnten wir schon ein oder zwei Stunden shoppen. Wir müssen aber vorzeitig da sein, weil zum aufwärmen und einstimmen, du weißt schon."
Am nächsten Vormittag traf sie Moni am Marktplatz. Sie trug einen Regenmantel. Ihre Füsse steckten in dunklen Pumps, die zur dunklen Strumpfhose passten.
"Wie tief ist lässt Du denn blicken?" fragte sie nach der herzlichen Begrüßung. "Knöpf mal auf."
"Ist ganz züchtig und eigentlich nicht sensationell. Deswegen sollen ja die Schuhe der Hingucker sein, der aber auch eben nicht so aufdringlich sein soll."
Moni öffnete den Regenmantel dabei. Sie klappte ihn auseinander und grinste. Es gab aber nur eine eher langweilige Blazer-Bluse-Rock Kombination zu sehen. Auf ihren fragenden Blick raffte sie den Mantel in einer Hand und drehte sich. Was hat sie nur für ein rundes Hinterteil? dachte sie sich.
Sie stimmte ihr zu: "Ja, Du weißt schon was Du hast.Aber willst Dir das wirklich an tuen? Highheels?"
"Das muss einfach sein. Ich habe mitbekommen, wie er bei der Biestermann hinterher gesehen hat. Arsch, Beine und Stilettos sind sein ein und alles. Einfach mal probieren, bitte?"
"Ok, dann gehen wir erst einmal zum Karstadt. Da probieren wir mal was überhaupt so geht. Danach dann in die kleinen Boutiquen am Ende der Fussgängerzone und schon sind die zwei Stunden rum."

So machten sie es dann auch. Im Karstadt stellte sich heraus, dass Moni recht gut mit Highheels zu recht kam. "Als Mittelstreckenläuferin kann ich auf den Zehenballen laufen. Hätteste nicht gedacht" war ihr Kommentar. Dann waren nur noch richtig passende Schuhe zu finden. Auf zu den Boutiquen!
Moni erzählte auf dem Weg von ihrem Plan zum nächsten Schritt auf ihrer Karriere. War sie ja durch Leistung von der Entwicklung in das Produktmanagement gewechselt, sollte es nun weiter nach oben gehen. Ihre Planung war wieder typisch Moni. Die Konkurrenz würde ja sowieso davon ausgehen, dass eine Frau wie sie sich nur hochschlafen kann, dann kann sie sich doch Angenehme mit dem Nützlichen verbinden, nicht wahr.
"Ok, da sind wir nun bei den kleinen Designläden," stellte sie das Gässchen vor.
"Das ist ja eine Strasse im Umbruch" bemerkte Moni. Ihre Aufmerksamkeit galt aber einer Baustelle: "Da war wohl mal ein ganz besonderes Kino mit einem 2tem Eingang hinterm Haus. Nun kann man da gar nicht mehr hingehen."
"Wie bitte?"
"Neulich hatten meine Eltern doch 50ten Hochszeitstag. Und da meinte Tante Anne-Marie, wer nicht einmal im Leben in einem Pornokino war, hätte etwas verpasst. Stell Dir vor! Die ist auch schon 80."
Moni grinste und fragte: "Warst Du eigentlich mal da drin?"
"Klar doch! Nach dem Abitur sind wir da voll gekifft rein!" Mehr erzählen wollte sie nicht und drängte: "Wir sollten schon hin machen. Erst einmal richtige Strumpfhosen kaufen, dann die Schuhe"
Nach einer Stunde waren sie am Ende der Gasse und Moni hatte eine wunderschöne Strumpfhose angelegt, die leicht silbrig glänzte und die roten Stilettos richtig in Szene setzte. Sie konnte sie von einem roten Lippenstift in passendem Rot abhalten, in dem sie ihr erklärte: "Du willst doch nicht alle anmachen, sondern nur den, der auf die Füsse schaut."

Ein Blick auf die Uhr und die Zeit drängte: "Jetzt müssen wir uns aber sputen. In einer Stunde fängt es an und wir wollten ja vorher noch in der Halle das Warmup mitmachen. Und ein bisschen netzwerken. Jedenfalls die, die interessante Arbeit machen wollen. Wir gehen am Besten hier neben der Fußgängerzone zurück."
Sie gingen durch ein kleines Wohnviertel mit eher kleinem Gewerbe. Es gab einen Stempelladen, daneben ein Outlet mit Gummibären. Nach ein paar Minuten kamen sie an eine merkwürdige Kneipe. Es nannte sich das 'Pik-As', mit den, laut Aushang, fairen Preisen und den Mädchen, die auch halten, was sie versprechen. Dahinter begann wieder eine Art Fußgängerzone.
"Nicht dein Ernst, oder? Hast Du jemanden der einen Preis für eine rotbeschuhte Schönheit zahlt?"
"Vormittags wird hier wohl tote Hose sein. Oder sollen wir um den Block laufen?"
Nach ein paar Meteren war wirklich nicht viel los. Aus den Fenstern schauten alte, rauchende Frauen heraus. Die Ausschnitte ließen tief blicken, aber zu sehen gab es nichts Aufsehen erregendes. Moni kommentierte: "Wer geht nur zu denen hin, schau doch mal. Das ist ja fast schon .."
"Was wollt ihr denn hier?" fragte eine zurück. Sie zog Moni schnell mit sich. "Wir wollen hier nur durch laufen und nichts kaufen!"
Ein paar Meter weiter studierte Moni aber die Preisliste eines Stundenhotels. "Wart mal, was die für Preise haben, das interessiert mich. 12€ eine Stunde, 60€ für 12 Stunden. Was meinst Du reinigen die die Bettwäsche?"
Sie stellte immer die wichtigen Fragen und überschlug sich anschließend mit Erklärungen:
"In der Gastronomie sind, ich habe da einen Kurs mitgemacht! Ist das wirklich wichtig, weil die müssen ja nach dem Essen die Tischdecken reinigen, wenn sie Tischdecken haben. Und das muss dann im Preis mit einkalkuliert werden".
Dann standen sahen sie die Kellertür. Mit einer schweren Holztür war diese verschlossen. Rechts waren Klingel montiert. Zimmer 1 bis Zimmer 12 stand darauf.
"Das ist bestimmt so etwas mit Sado Maso. Nur für Insider und Eingeladene. Da kannst Du klingeln und musst ein Codewort sagen." Moni spekulierte sofort darauf los. Die Türklinke senkte sich langsam, die beiden schauten sich an und gingen. Aber Moni musste sich einfach umdrehen und sehen wer da zur Tür heraus kam.

"Ach, hallo? Sie auch hier?" begrüsste sie der Mann im Anzug.
"Herr von Lautenkirchen" Moni fand sich sofort wieder. "Wir schauen uns die Heimatstadt von der Frau Kästner an. Wie sich das alles verändert hat."

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