Freitag, 29. Mai 2015

wuschig

"Wir gehen dann zum Mittag, nicht doch mitkommen?" fragte ihn die Projektleiterin. Sie schaut ihn mit ihren Rehaugen flehend an. Aber er schüttelte wortlos den Kopf. Kurz wartete er, bis die Truppe zur Tür hinaus war, dann nahm er seinen Rucksack und verliess das Gebäude. Er hasste Kantinen und überhaupt das ganze Herdenverhalten. Oberflächlich reden war nichts für ihn und oberflächliches kommentarlos hören zu müssen schon gar nicht. Wenn er etwas sagen würde, wäre das zynisch oder überheblich oder unpassend. Und so ging er alleine die Strasse zum Hofgarten hinunter. Auf dem Weg kaufte er einen Döner an einer Imbissbude. Das war zwar nicht ganz so gesund, wie er sich eigentlich zu ernähren pflegte, aber dafür würde er am Abend nur Salat zu sich nehmen. Er ging ein wenig langsamer, als er vorsichtig den Döner verspeiste. Bis zum Park war dieser vertilgt und schnell bog er um die Ecke zur Terrasse des Parkcafes. Dort könnte er in aller Ruhe für sich noch etwas sitzen, träumen und vielleicht brächte er ja etwas zu Papier. An dem Tag war er aber nicht alleine. Jeder rechte Stuhl der drei Tischchen war von einer Frau belegt. Wenigstens gab es kein schnatterndes Grüppchen! Er blieb stehen und musterte die Lage. Sein Blick traf sich kurz mit dem der Frau am mittleren Tischchen. Sie beantwortete seinen fragenden Blick mit der Andeutung eines Lächelns und so ging er zu ihr, deutete auf den freien Stuhl, sie nickte erfreut und er nahm Platz.

Freitag, 22. Mai 2015

Tsatziki

Er kam die Stufen hinunter, sah die langen, silbergrauen Haare mit dem rötlichen Stich der Frau, die sich an der Säule lehnte und seine Pupillen weiteten sich. Unten angekommen machte er zwei schnelle Schritte in ihre Richtung, bevor er stoppte und sich umschaute. Vor einem breiten Spiegel entdeckte er den langen Tresen. Sein Kopf nickte unmerklich. Langsam bahnte er sich den Weg zum Tresen. Dort angekommen hielt er sich mit der linken Hand an der Griffstange fest und stellte den rechten Fuß auf die Fußablage. Er bestellte einen Caipirinha und beobachtete die Frau im Spiegel. Sie war im Profil zu sehen, ihre vorderen Haarsträhnen trug sie hinten zusammengebunden, so dass ihre Frisur eine Art bildete. Ihre Haare fielen glatt den Rücken hinunter, aber am Ende fielen sie in einer großen Locke. Genau inn dieser Locke war der lila Stich deutlich zu sehen. Ihm fiel ihrer Brust auf, die von diesen Locken eingerahmt war. Als der Caipirinha kam, zerkleinerte er zunächst mit den Trinkrohren die Eiskrümel, bevor er sich einen langen Schluck gönnte. Wieder schaute er zu ihrem Spiegelbild. Unverändert stand sie an der Säule und schaute dem Mädchen auf der Tanzfläche zu. Er holte tief Luft und, nach einem kleinen Schluck, lächelte er seinem Spiegelbild zu. Seine Augenbrauen zog er nach oben und zog die Lippen soweit auseinander, dass seine Zähne blitzten. Sie waren strahlend weiß. Den rechten Fuß setzte er auf den Boden, das Glas hob er an, aber den Griff loslassen wollte er nicht. Er nahm noch einen Schluck und betrachtete sie. Dann drehte er sich um und ging in ihre Richtung.

Mittwoch, 13. Mai 2015

Kawumm

Carsten prüfte noch einmal den Sitz der Krawatte. Es gibt nichts schlimmeres als ein verpatzten Deal und etwas am Äusseren wäre der Grund. Wenn es nicht klappt, dann deswegen, weil es nicht klappt, aber nicht wegen etwas, das einfach kontrolliert werden kann. Das war der Grundsatz ihres Vertriebs. Heute galt es den ersten Deal bei der Fachabteilung einer Bank fest zu machen. Diese hatten schon zugestimmt, ihnen ihre Werkzeugkette anzuvertrauen, es sollte nun noch der Entwicklungsleiter zustimmen. Diese Idioten! Wenn erst einmal der Matze dort ist, bekommen die den nicht mehr weg. Und wo einer ist, folgen dann noch weitere. Aber wenn sie wollen, wollen sie eben. Wenn dieser Entwicklungsleiter etwas drauf hat, sollte ihm das auffallen. Dann nicht grantig werden, sondern den Kontakt warmhalten, schön schleimen und vielleicht ergibt sich später etwas. Am Nachmittag würde er noch die Frischlinge bei der Versicherung besuchen und sich umhören, ob dort noch mehr Fachpersonal abgeladen werden kann. Bevor es am nächsten Morgen zurück zu Frau und Kind geht, würde er es am Abend vielleicht ein wenig krachen lassen. Ein dreckiges Grinsen schlich sich auf sein Gesicht. Er verabschiedete sich von seinem Spiegelbild mit einer geballten Faust, aus der Daumen nach oben zeigte und einem Nicken.

Freitag, 8. Mai 2015

Geil

Wie jeden Montag im Semester nahmen Cosima und Max denselben Zug zur Uni. Beide besuchten im Technikum das Messtechnikpraktikum. Es war das ungeliebte Pflichtseminar für Ingenieursstudenten. Max sorgte sich: "Also das mit der p-Verteilung der Messwerte, das weiß ich gar nicht, wie das geht"
Sie zog die Augenbrauen hoch und wunderte sich: "Das hatten wir im Leistungskurs schon gehabt." Auf seinen kritischen Blick fügte sie an: "München, Bayern. Da lernt man so etwas. Habt ihr so etwas nicht?".
"Ja, eigentlich schon, aber ich bin Mathe immer aus dem Weg gegangen"
"Warum machst Du dann Ingenieur?" sie schaute den Muskel bepackten Jungen an.
"Ich will eigentlich ja Journalist werden und so erklären, wie die Technik funktioniert und welche Grenzen und Risiken es gibt. Und das mit dem Rechnen muss ich halt lernen. Bisher bin ich durch die Klausuren auch gut durchgekommen. Ich mache das mit auswendig lernen. Aber nun das Protokoll mit den Auswertungen, da müssen ja die Berechnungen schon richtig sein."
"Es gibt doch schon Punkte für die richtige Formatierung und das richtige Datum." meinte sie. Mit Blick auf seinen Aufzug fügte sie noch an: "Müsstest Du doch eigentlich bestimmt hinbekommen". Dann schüttelte sie den Kopf, "Da muss ich wieder aufpassen, weil? Das ist so langweilig, immer den .."
"Wir ergänzen uns dann doch prima. Ich formatiere und schreibe, Du rechnest? Wir können doch zusammen abgeben." schlug Max vor. Sie musterte ihn von oben bis unten, dann nickte sie mit dem Kopf und stimmte mit "Wir können es ja mal probieren" zu.