Freitag, 19. Dezember 2014

Blondes Gift

Sie hat ihn nicht angelächelt. Noch nicht einmal so richtig bemerkt hatte sie ihn. Er hat ja auch nichts gemacht, nur so aus den Augenwinkeln ihren Anblick ganz kurz wahrgenommen. Aber er hatte auch kein Interesse daran immer wieder dieselbe Art von Frau anzubaggern. Eigentlich würde sie gut in sein Beuteschema passen. Blonde Haare gefallen ihm immer ganz gut und ihre waren nicht glatt und auch nicht lockig, sondern so wie ein kleiner Helm. Gerade so wie es ihm gefällt. Auch ihr Mund war zwar rot geschminkt, aber nicht so aufdringlich grell, sondern so gerade richtig. Trotzdem ignorierte er sie, schaute nach unten zu seinen Schuhen. Er atmete ein, er atmete aus und ließ die Episoden mit den verschiedenen Blondinen in seinem Leben Revue passieren. Einfach einmal Gelegenheiten nicht wahrnehmen, einfach einmal sich heraushalten! Es kam ihm vernünftig vor. Als die Straßenbahn hielt, sprang er auf und nahm gar nicht war, dass sie den gleichen Weg nahm.

Freitag, 12. Dezember 2014

Der Pole

"Der Peter könnte beim Haller anfangen", erzählte Herr Blickerlin seiner Frau, als er in seinen Schupfnudeln stocherte. Frau Blickerlin schaute auf und erwiderte nichts. Stattdessen schaute sie ihm andächtig zu, wie er eine Nudel aufspießte, diese dann in der Soße schwenkte, bevor er sie mit dem Kraut in den Mund schob. Dann meinte sie "Das wäre ja was" während er kaute. Nachdem er sorgsam herunter geschluckt hatte, fuhr er fort: "Volker meint, er könnte Maries Freund immer empfehlen. Die Marie würde sich ja nie mit einem Versager einlassen." Wieder wartete seine Frau, bis er sich einen Bissen zurecht gemacht und in den Mund gesteckt hatte, mit ihrem "Ah, ja".  Da nun das wichtigste geredet war, vertilgte das Paar schweigend die Schupfnudeln.

Freitag, 5. Dezember 2014

Der Hammer

"Und? Erzählen Sie später auch über ihre Hammerhaie?" hörte er eine bekannte Stimme neben sich. Er drehte sich um und: "Hallo Herr Professor Leinenfelder, wie schön Sie zu sehen" begrüsste er seinen Doktorvater. Ernst fuhr er fort: "Nein, ich soll doch die Anfänger übernehmen, da habe ich mir vorgenommen zunächst mit der Systematik anzufangen. Also zoologische Taxonomie nach Linné. Ganz klassisch, aber das ist doch gerad für Anfänger immer so wichtig, ..." 
"Ach, Doktor Müller-Lüdenscheid, immer noch so geradlinig. Sie haben aber doch über Hammerhaie veröffentlicht. Alleine wie das klingt: Hammer. Hai. Wäre doch genau das richtige um unsere Studentenvertreter zu interessieren. Die wollen doch immer etwas besonderes. Und als Haifischprofessor wären Sie hier dann sofort bekannt." unterbrach ihn der Professor.
"Vielleicht, richtig. Aber ich möchte doch nicht als Haifischprofessor hier anfangen, das würde ich ja doch höchsten, wenn ich denn je einen Ruf bekommen sollte, bestenfalls in Seminaren und Praktika weiter verfolgen können. In der Ausschreibung stand doch die Übernahme von Einführungsvorlesungen und das möchte ich dann auch machen. Und zum Praktikum nach Kalifornien, das würde wohl bei den heutigen Budgets wohl doch eher schwierig und ich möchte ja nicht zu viel versprechen".

Freitag, 28. November 2014

Zu den Wurzeln

"Hallo, ich wollte zu ", der Elan der jungen Frau ließ nach, als sie den neuen Freund ihrer Freundin sah. 
"Franzi ist noch nicht gar nicht da, weiß auch nicht was los ist. Du musst Lisa sein, meine Name ist Michael, sei gegrüsst und komm herein", mit einem angedeuteten Diener bat er sie herein. Sie trat in die Diele, sah sich um und zog dann die Schuhe aus. "Ich ziehe besser die Stiefel aus, hinterher ..", merkte sie an, er  blickte sich an der Tür zum Wohnzimmer um und nickte ihr zustimmend zu. Auf dem Weg zum Esstisch rief er noch: "Schau Dich nur um, was hältst Du von der Wohnung? Ist doch Klasse, nicht wahr?" Da hatte er nicht unrecht, bewunderte sie das großzügige Wohnzimmer mit dem vertrauten, dicken Eichentisch in der Essecke und der gemütlichen Sitzecke. Sie lächelte diese an bei der Erinnerung an die dort verbrachten Fernsehnächte. Fast alle Möbel im Wohnzimmer waren von Franzi, nur der Schaukelstuhl war neu.

Freitag, 21. November 2014

sushi

"Bin heute Abend in deiner Stadt, treffen?" Ihre Augen leuchteten ein wenig, als sie seine Nachricht bekam. Kurz schaute sie nach oben, lächelte und suchte dann nach den Nachrichten, die sie bisher ausgetauscht hatten. Bei einigen konnte sie ein Lachen kaum unterdrücken, bei anderen weiteten sich ihre Augen. Ihre Brust hob sich und verharrte kurz, bevor sie sich wieder senkte. Dann nickte ihr Kopf kurz und entschlossen. Sie antwortete: "Ok, was schlägst Du vor?". Ihre Daumen trommelten auf dem Smartphone. Aber die Antwort ließ auf sich warten. Bestimmt ist der über ihre Zusage so überrascht. Ein kleines Grinsen schlich sich in ihr Gesicht. Das kommt schon noch. Ihrer Sache sicher schrieb sie schrieb ihrem Kumpel "Habe evtl. blind Date heute Abend ok?". Frau weiß ja nie was da aufschlägt und er würde sie bestimmt retten, wenn es allzu doof wird. "Nicht schon wieder" war die erwartete, aber doch zustimmende Antwort. Sie klappte ihr Smartphone zu, steckte es in ihre bunte Handtasche und dann sah sie ihn.  

Freitag, 14. November 2014

Krippenkind

Emil hielt sich an der Stange fest. Kaum war sein Vater eingestiegen, griff das Söhnchen schon nach dem Rohr an der Abtrennung. Wie kräftig solche Würmchen doch zugreifen können! Der Vater lächelte sein Kind an, dann würden sie wohl nicht auf einer Bank sitzen. Da setzte sich schon die U-Bahn ruckartig in Bewegung und zwang den Vater zu einem Ausfallschritt. Zum Glück war das Söhnchen im Tragesack! Sorgfältig löste er den Griff vom Sohn, ging zur Haltestange in der Mitte und fixierte hier seinen Stand. Er atmete leicht hörbar aus und schaute sich stolz in der U-Bahn um. Die Blicke, die er erntete, färbten seine Backen leicht rötlich und er schaute danach nur noch zu seinem Söhnchen. Nach zwei Stationen stiegen sie aus.

Freitag, 7. November 2014

Mutti

Sein Hut saß perfekt. Es war nur ein wenig Regen vorhergesagt und kein richtiger, strömender Regen. Wie Vater schon immer gesagt hatte, für einen Schirm muss es richtig schütten. Aber so würde die breite Krempe zum Schutz vollkommen ausreichen. Zur Sicherheit zog er seine Regenjacke an, griff die lederne Aktentasche, verabschiedete sich von seiner Mutti und ging zur Straßenbahn. Dass er sich nun zum letzten Mal so von seiner Mutti verabschiedete, konnte er sich nicht vorstellen.

Freitag, 31. Oktober 2014

Attacke

"Sie haben keine Kavallerie, dafür aber genug Infanterie" sagte der Urologe nach kurzem Studium seines Spermiogramm. Sichtlich amüsiert über seinen erstaunten Blick erklärte er weiter: "Samen ist nicht gleich Samen, es gibt vier Gruppen, a, b, c und d. Gruppe a sind die schnellen, die Kavallerie. Wenn mehr als 25% in diese Gruppe fallen, ist alle ok. Bei Ihnen allerdings fehlen sozusagen die Pferde. Da ist nichts. Aber die Gruppe b, die Infanterie, ist stark genug. Hier haben Sie 50%. Die lassen sich halt Zeit mit der Befruchtung." Er spürte, wie er rot wurde bei dem Gedanken an die halbe Stunde, die er gebraucht hatte um zwei dicke, weiße Tropfen in das Becherchen zu lassen. Aber der Urologe fuhr ernsthaft fort: "So viele hat es selten. Die anderen Werte sind alle ok. Ja, mit diesen Truppen landen Sie nicht immer einen Volltreffer, aber mit Ausdauer und an den richtigen Tagen, sollte das klappen. Jetzt ist der Gynäkologe dran!". Er nahm den Umschlag mit dem Spermiogramm entgegen, verabschiedete sich, ging zur Tür des Sprechzimmers und drehte sich noch einmal um.

Freitag, 24. Oktober 2014

Der Schlaffi

"Ich möchte mit zu dem Empfang am Freitagabend" forderte Sabrina forsch von ihrem Chef. Dieser schaute sie verblüfft, aber freundlich an. "Das habe ich mir verdient" bekräftigte sie.
Ihr Chef lächelte sie an: "Sabrina, Sie haben da ganz recht. Wenn Sie nicht wären, hätten wir diese Gelegenheit gar nicht. Aber. hmhm. Aber ich kann Sie doch nicht bevorzugen, das geht gar nicht. Sie sind ja wichtigste Mitglied in meinem Team, zwar die beste, aber. Bitte verstehen Sie das doch." erklärte er.
"Ich stell es einfach als ein Opfer dar. Immerhin verzichte ich ja auf das Salsafestival? Das werden die schon verstehen" die senkrechte Falte zwischen ihren Augenbrauen verriet ihre Entschlossenheit.
"Na, gut. Sie müssten aber mit ihrem Partner kommen und denken sie beide bitte an den Dress Code 'dunkler Anzug'" lenkte er ein.
"Wird gemacht" war ihre kurze, aber durch das strahlende Lächeln doch freundliche Antwort. Als sie sein Büro verließ, schluckte sie ihren Triumph herunter. Es sollte ja nicht an die große Glocke gehängt werden.

Freitag, 17. Oktober 2014

Alles Fit?

Zwar hatte sein Laden 24 Stunden auf, aber morgens früh müssen die Örtlichkeiten der Reihe nach geputzt und vor allem abgewischt werden. Den Kinosaal und den DVD Shop musste er mittlerweile selber putzten, aber für die Videokabinen konnte er sich noch eine Putzfrau leisten. Vor zwanzig Jahren war das alles anders. Damals ließ er putzen! Wenn nur das Scheißinternet nicht gekommen wäre. Er wartete noch auf seine Ablösung, dann machte er sich auf den Heimweg.

Freitag, 10. Oktober 2014

Murmeltiere

Die beiden Frauen kamen per U-Bahn am Messegelände an. Für ihren Stand müssten sie eigentlich um die Halle herum laufen, aber sie nahmen die Abkürzung über den Parkplatz. "Mist" meinte Viona, als zwanzig Meter vor ihnen ein Lieferwagen an eine Laderampe fuhr. Der Lieferwagen hielt, die Ladeklappe senkte sich. Nun müssten sie ihre Köfferchen durch die Schlaglöcher ziehen, wenn sie nicht das Entladen abwarten wollten. "Lass nur, bin doch da" Carla öffnete die oberen Knöpfe des Mantels und der Bluse, kontrollierte das Gesicht kurz im Spiegel, da hob sich die Klappe wieder. Als sie am Lieferwagen vorbei gingen, hörten sie ein "Entschuldigung" aus dem Führerhaus und eine Hand, die ihnen zu winkte.

Freitag, 3. Oktober 2014

Willi

"Mach du nur" hatte sie gesagt. Und dann noch "Wenn was geschieht, erzähl mir genau wie es war". Dabei hatte er nur gesagt, dass er dann eben ohne sie ausgehen würde, aber bestimmt treu sein würde. Sie war sich ihrer Sache so sicher, dass er zu mindestens versuchen musste, eine klar zu machen. Nachdenklich schaute er in seiner Seite vom Kleiderschrank. Im sportlich eleganten Dress wäre er fein, aber das sähe doch so aus wie Büroanzug. Könnte er damit einfach losflirten? Ihr Zweifel an seinem Erfolg legte die Latte spürbar hoch, so dass er entnervt beschloss einfach das anzuziehen, was er sonst auch trägt. Warum sich einengen? Und dann eben zum Salza Abend ins Cubanito, Caipirinha trinken und eventuell, aber vermutlich sowieso nicht, eine unbekannte, schöne und willige Frau kennenlernen.

Freitag, 26. September 2014

Die Malerin

Noch einer! Die Malerin schaute kurz von ihrem Sofa in der Ecke des Ateliers auf. Aber der Mann im grauen Anzug schaute nur nach dem ersten Bild. Sie wird dann doch nicht rechtzeitig Schluss machen können. Er könnte vielleicht der eine Käufer sein! Nachdenklich nahm sie einen Schluck Tee. Der ganze offene Tag der Ateliers im Kunstquartier hatte bis dorthin nichts neues gebracht. Vielleicht zum Schluss dann doch noch? Der Mann musterte das Bild genau, ging einen Schritt zurück und schaute sich um. Kurz nickte er ihr zu und ging dann von Bild zu Bild.

Freitag, 19. September 2014

Solissimo

Wieder war der erste Schultag nach den Sommerferien. Wieder ging der Lehrer Müller zur Schule. Braungebrannt kam er aus den Ferien zurück. Leider war das Wetter früh morgens ein wenig zu kalt für T-Shirt oder Hawaii Hemd, aber die Ärmel der Sportjacke trug er hochgekrempelt. So waren die starken, leicht behaarten Unterarme zu sehen, und auch die goldenen Armbänder am rechten Handgelenk kamen so gut zur Geltung.

Freitag, 12. September 2014

Creme Bruleé

Schon am ersten Tag der Flitterwochen wurde seine Vorstellung von dieser Ehe gründlich geändert. Der Schwiegervater hatte auf diesem Hotel bestanden. Dort, an der Südküste Zypern in der Nähe von Aphrodites Felsen, hatte er in seinen Flitterwochen seine Tochter gezeugt. So fänge man eine dauerhaft glückliche Ehe an. Außerdem finanzierten die Schwiegereltern die Flitterwochen und Jens war es eigentlich egal wohin die Reise ginge.

Freitag, 5. September 2014

Die Königin

Martin möchte auch mit ihr über Fasching weg fahren! Inge strahlte, als sie seine eMail las. Vor einem Monat hatte sie ernsthaft angefangen eine Beziehung zu suchen. Es mal über das Internet zu probieren, hatte sich gelohnt. Sie hatte Interesse an einer festen Beziehung mit einem Mann über 45 bekundet, Heirat nicht ausgeschlossen. Anscheinend suchen Männer über 45 nur Frauen unter 35, jedenfalls wurden ihr nur ein paar Anzeigen zugeteilt. Mit zweien, Wilfried und Martin, hatte sie sich verabredet. Es war mit beiden unterhaltsam und nun konnte die schöne Inge wählen mit wem sie über Fasching abhaut.